32. Die goldene Wiege.
Mündlich.

[31] Zwischen dem Dorfe Wadekath und dem hannöverschen Orte Wittingen liegt unweit des Weges eine goldene Wiege vergraben, die ist bis zum Rande mit Geld angefüllt. Einen Bauer aus Wadekath gelüstete es einst gar zu sehr nach diesem Schatze, da machte er denn ein Bündniß mit dem Teufel, damit der ihm dazu verhülfe. Der Teufel war auch willig und sagte, daß er ihm durch ein Zeichen den Ort angeben wolle, damit er ihn in der Nacht finden könne. So wartete denn der Bauer bis um Mitternacht und ging nun seines Schatzes schon ganz gewiß nach der bestimmten Stelle, allein wie er dahin kam, hatte der Teufel in einem weiten Umkreis Sträuße gesteckt, so daß der Bauer sich vergeblich mit Graben abmühte und nichts fand.

Mehrere Leute aus Wadekath vereinigten sich auch einmal die goldene Wiege zu heben, gingen daher zur Nacht hinaus und machten sich frisch an die Arbeit. Da ging denn auch zuerst alles ganz gut von Statten; wie sie aber eine Weile gegraben hatten, wards anders, denn der eine hebt so von ungefähr die Augen auf, da sieht er einen schwer beladenen Heuwagen dicht an sich vorüberfahren, den zieht ein kleiner Hahn mit der größesten Leichtigkeit, so daß es ihm ganz grausig wurde; kaum ist der Spuk verschwunden, so geht ein Feuer auf und erhellt rings umher den ganzen Himmel, allein[32] sie ließen sich durch das Alles noch nicht stören, sondern gruben frisch weiter. Da kamen plötzlich schwarze Männer dahergegangen, die schleppten schwere Balken heran und richteten einen großen Galgen auf. Wie der nun fertig war, stiegen sie herab und wollten den ersten der Gräber greifen um ihn daran aufzuknüpfen, da rief er unwillkührlich, nicht ihn sollten sie aufhängen, sondern seinen Nebenmann, und augenblicklich war alles wie der Wind zerstoben; aber die Wiege haben sie auch nicht gefunden.

Quelle:
Adalbert Kuhn: Märkische Sagen und Märchen nebst einem Anhange von Gebräuchen und Aberglauben. Berlin 1843, S. 31-33.
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