113. Mädchen vom Wassermann gespeis't.
Mündlich.

[117] Eine Frau aus Köpenick ging einstens mit ihrer kleinen Tochter in den Wald nach den Müggelsbergen[117] zu, um Reiser zu holen; während des Suchens kamen sie aber auseinander, und als es nun Abend wurde, begann die Mutter, da sich das Kind immer noch nicht zeigte, besorgt zu werden, und rief es ängstlich mit lauter Stimme, hörte es auch bald darauf mit dumpfer Stimme bald hier bald da antworten, aber wenn sie hinkam an den Ort, woher die Stimme erschollen war, so fand sie ihre Tochter nicht. Ganz betrübt ging sie nun nach Hause, um die Nachbarsleute aufzubieten, daß sie ihr Kind suchen hülfen, und die gingen auch mit in den Wald, hörten, als sie das Kind bei Namen riefen, ebenfalls seine antwortende Stimme, konnten es aber gleichfalls nicht finden. So suchte man zwei Tage lang, und kam endlich auch an eine moorige Stelle in der Gegend des Teufelssees, wo man das Mädchen halb im Moor steckend fand; zu Aller Verwunderung war es frisch und gesund, und erzählte, wie alle Tage um Mittag ein freundlicher alter Mann aus dem See gekommen sei, der ihr schönes Essen gebracht, wie sie nie zuvor gegessen habe. Darauf ging sie nun mit der Mutter nach Hause, wurde aber bald krank, denn sie sehnte sich immer wieder zurück nach dem See und dem Manne, der ihr so schönes Essen gebracht. Wenige Tage nur lebte sie noch; der Wassermann hatte es ihr angethan.

Quelle:
Adalbert Kuhn: Märkische Sagen und Märchen nebst einem Anhange von Gebräuchen und Aberglauben. Berlin 1843, S. 117-118.
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