90. Der Schatz im Golm.
Mündlich.

[92] Auf dem Golm zwischen Baruth und Jüterbogk lag vor Alters eine Kapelle, zu der man weit und breit herbeiströmte, um sich Ablaß zu holen; zugleich wurden denn auch in der Sommerzeit, wenn der Zulauf der Heilsuchenden am größesten war, am Johannis-und Marientage große Märkte hier abgehalten, wodurch natürlich der Verkehr an diesem Orte noch bedeutend zunahm, und die Mönche, die dort wohnten, Andere sagen auch, es seien Nonnen gewesen, große Schätze sammelten, die aber nun tief in die unter dem Berge befindlichen Keller versenkt sind. – Nach den Zeiten der Reformation ist nämlich die Kapelle abgebrochen worden,[92] und heutzutage sieht man nur noch die Fundamente derselben auf der höchsten Spitze des Berges. Es wird erzählt, aus den abgebrochenen Steinen sei die Kirche in Stülpe erbaut, welche auch die Glocke der Kapelle bekommen habe, und bezeichnet man als solche, die, welche die Inschrift: »hilf got v maria. ao. dm. mcccclxxxxviii« trägt. Auch zwei geschnitzte reich vergoldete Altarbilder, so wie der von der Decke herabschwebende Engel, welcher die Taufschale hält, sollen dorther stammen. Außer dem soll auch noch ein unterirdischer Gang von dem Berge bis zum Kloster Zinna führen, von dem man erzählt, daß die auf dem Golm wohnenden Nonnen ihn gebaut, um ungestörter in ihrer Verbindung mit den Mönchen zu Zinna zu sein.


Der Schatz nun, welcher, seitdem die Kapelle eingegangen ist, im Berge liegt, besteht nach Einigen in einer großen silbernen Wiege, nach Anderen in der durchweg aus dem feinsten Golde gefertigten Bildsäule eines Mönches; Andere wissen nur, daß überhaupt große Massen Goldes und Silbers unten liegen, daß diese aber ehedem noch viel größer waren, indem nämlich einer der Vorfahren des jetzigen Besitzers von Stülpe, ein Herr von Rochow, bereits einen Theil des Schatzes gehoben und davon das im Dorfe liegende schöne Schloß gebaut habe. Die Vertiefung, wo es in die Schatzhöhle hineingeht, ist unweit der Kapelle sichtbar, und noch oft sieht man an dieser Stelle einen Hund mit feurigen Augen liegen, der den Schatz bewacht.

Quelle:
Adalbert Kuhn: Märkische Sagen und Märchen nebst einem Anhange von Gebräuchen und Aberglauben. Berlin 1843, S. 92-93.
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