97. Der schwarze Stamm bei Jänickendorf.
Mündlich.

[102] Auf dem Wege zwischen Luckenwalde und Jänickendorf liegt in einem kleinen Gehölz an der Straße der Stamm einer großen Linde, die vor längerer Zeit dort gefällt wurde da sie fast ganz hohl war und deshalb allgemein nur mit dem Namen des schwarzen Stammes bezeichnet wurde. Die Stelle, wo sie ehmals gestanden, wird noch durch einen großen Stein, den vier Pferde nur mit Mühe würden fortziehn können, bezeichnet, denn der lag ehmals grade unter dem Baum; seine Größe[102] ist aber jetzt nicht mehr recht sichtbar, da er zum großen Theil mit Erde bedeckt ist. Hier ist es nicht recht richtig, und gar mancher hat schon, wenn er des Nachts vorbeigekommen, einen großen schwarzen Ochsen an dieser Stelle stehen sehen. Auch erzählt man sich eine Geschichte, die hier dem unlängst verstorbenen Förster aus Jänickendorf begegnete. – Der saß einmal mit Anderen am schwarzen Stamm und verzehrte mit ihnen sein Abendbrot, da hörten sie eine Stimme, die rief: »Geht meiner nicht mit?« (d.h. wie der Erzähler erklärte »kann ich nicht auch Theil nehmen?«). Als aber niemand antwortete, ergriff es auf einmal den alten Jäger, schleppte ihn weit fort durch Wald und Wiese bis ans Försterhaus, und da fand man ihn denn ganz zerschlagen und vor Schmutz kaum kenntlich.

Quelle:
Adalbert Kuhn: Märkische Sagen und Märchen nebst einem Anhange von Gebräuchen und Aberglauben. Berlin 1843, S. 102-103.
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