98. Der Kobold zu Jänickendorf.
Mündlich.

[103] In Jänickendorf hatte ein Bauer lange Zeit einen Kobold, der allerhand Dienste im Hause verrichtete, namentlich das Vieh fütterte und mit allen Hausbewohnern in gutem Vernehmen stand. Da geschah's, daß des Bauers Frau starb und er wiederum freite; wie's nun bei solcher Gelegenheit wohl zu gehen pflegt, hatte man über den mannichfachen Zurüstungen zur Hochzeit nicht viel an den Kobold gedacht und ihm namentlich nicht seine bedungene Speise hingesetzt, so das er endlich böse wurde, und als nun endlich der Hochzeittag[103] kam und alles fröhlich und guter Dinge beim Schmause saß, ging er hin, nahm einen Schimmel, den der Bauer unter seinen Pferden hatte, und warf ihn mit solcher Gewalt rücklings in den großen Mengekumben, daß das eingeklemmte Thier sich nicht rühren konnte, und nur die vier Beine über dem Rande hervorsahen. Da wurden denn die Gäste bald durch das Gewieher des Thiers herbeigezogen, und nur mit Mühe konnte man das arme Thier wieder befreien; der Kobold aber ist seitdem verschwunden und hat sich nie wieder sehen lassen. – Daß er aber grade den Schimmel, den der Bauer besaß, nahm, rührt daher, daß die Kobolde diese Art Pferde nicht leiden können, und solches Thier immer nur vier Wochen lang füttern; verkauft es der Besitzer nach dieser Zeit nicht, so läßt es der Kobold verhungern.

Quelle:
Adalbert Kuhn: Märkische Sagen und Märchen nebst einem Anhange von Gebräuchen und Aberglauben. Berlin 1843, S. 103-104.
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