2.

[282] Einstmals kam Pumpfût in eine Waßermühle, welche in einem Gehölz lag. Hier kehrte er als ein reisender Müllergeselle ein und erbat sich nach dem Brauche ein Mittagbrot. Der Mühlenmeister war über Land gegangen, der Bescheider arbeitete in der Mühle, und so war die Frau allein im Hause, die ihn sehr kühl aufnahm und ihm zu Mittag nur ein Gericht Kartoffeln mit Butter vorsetzte, obwol sie einen Gänsebraten angerichtet hatte. Pumpfût, welchem der liebliche Duft in die Nase zog, fragte, ob sie nicht außer den Kartoffeln noch etwas anderes habe, sie seien gerade nicht sein Lieblingsgericht, aber die Frau erwiderte, er möge sich begnügen, sie habe für ihn nichts anderes. Das ärgerte ihn, und als er nun ein Weniges genoßen, schlich er sich still fort und gedachte sich zu rächen. Aus dem Hause ging er in die Mühle, sprach hier mit dem Bescheider über den Bau der Mühle, schalt nebenbei auf die Frau, die ein Geizhals sei, und ging von dannen. Kaum aber war er fort, so bemerkte der Bescheider, daß der obere Stein des Läufers aus dem Rade fort sei. Das war ihm ein Räthsel, denn wenn der Stein gesprungen wäre, so hätten doch die Stücke da liegen müßen, aber bald besann er sich und es fiel ihm ein,[282] der Feierbursch, der eben gegangen und auf die Meisterin geschmäht, möge wol gar Pumpfût gewesen sein, von dessen bösen Streichen er vieles erzählen gehört hatte. Darum ging er schnell in das Haus und erzählte der Müllerin, was vorgegangen sei, indem er zugleich nebenher fragte, wie sie wol den Feierburschen, der unlängst gegangen, bewirthet habe. Da erzählte ihm nun die Müllerin, wie sie ihn abgespeist und was er ihr gesagt, und sogleich war es dem Bescheider klar, daß es kein anderer als Pumpfût gewesen sei; indem sie noch sprachen, hörten sie ein gewaltiges Geraßel in dem Kamin, und als sie hinaufsahen, da hing der Läufer auf dem Schornstein und drehte sich frischweg, als ob der Läufer der Bodenstein und das Haus der Mehlkasten wäre. Nun hob die Frau an zu klagen und zu zagen und bat den Bescheider, doch ja dem Feierburschen nachzueilen, ihn zu bitten, daß er wieder zurückkomme und den Schaden wieder gut mache, sie wolle indessen was sie habe auftragen und ihn, so gut sie immer könne, bewirthen. Der Bescheider ging nun auch fort und traf ihn bald im Gebüsche liegend an: »Bruder«, rief er ihm zu, »komm zurück, die Meisterin wird dich jetzt beßer bewirthen, aber mach' auch den Schaden wieder gut.« Pumpfût ließ sich erst eine Weile nöthigen, aber endlich stand er auf, ging mit ihm und aß und trank sich voll, bis er nicht mehr mochte. Dann schickte er den Bescheider nach der Mühle und hieß ihn anschützen, und siehe da, es war alles wieder in Ordnung.

Quelle:
Adalbert Kuhn: Sagen, Gebräuche und Märchen aus Westfalen und einigen andern, besonders den angrenzenden Gegenden Norddeutschlands 1–2. Band 2, Leipzig 1859, S. 282-283.
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