3.

[283] Ein andermal kam Pumpfût zu einer andern Waßermühle und bat sich als wandernder Müllerbursch einen Zehrpfennig aus. Der Bescheider und die Müllerburschen waren beschäftigt gewesen, eine Welle auszuarbeiten,[283] die denn auch schon ziemlich weit gediehen war, sodaß nur noch die Fugen des Kammrades ausgestämmt werden mußten. Sie hatten eben Frühstückszeit gemacht und ließen dabei eine Flasche kreisen, von der sie jedoch dem Pumpfût keinen Trunk anboten, obgleich er dem sehr willkommen gewesen wäre. Pumpfût sah ihnen eine Weile zu, bis sie wieder an die Welle gingen; dann empfahl er sich und rief nur noch dem Bescheider die Worte zu: »Bruder, arbeite deine Welle auch richtig!« Der Bescheider dachte nichts Arges, stämmte mit den andern fort und maß endlich die Welle noch einmal nach. Aber er maß und maß, besah seinen Zollstock und maß wieder; die Welle war um drei Fuß zu kurz und blieb es. Jetzt fielen ihm die Abschiedsworte des wandernden Burschen ein; wie der Wind hatte er seinen Rock an und war auf und davon, dem Pumpfût nach; denn daß der bei ihm gewesen und kein anderer, das war ihm schnell klar geworden. Endlich, nachdem er wol fast zwei Meilen gelaufen war, traf er Pumpfût in einem Dorfe, als er eben im Begriff war, einzukehren; er bat ihn nun wieder mit umzukehren und ihnen bei der Welle zu helfen. Pumpfût stellte sich zwar anfangs unwillig und fuhr heraus: »Warum hast du denn nicht den Mund aufgethan, als ich noch da war?« Allein der Bescheider besänftigte ihn bald und brachte es dahin, daß er wieder umkehrte. Als sie nun zurückgekommen waren, brachte der Bescheider eine große Flasche mit Doppeltem hervor und trank ihm tüchtig zu, und nachdem er das eine Weile gethan, rückte er mit der Klage heraus, daß seine Welle zu kurz sei. Pumpfût sagte: »Miß noch einmal, daß ich es auch sehe.« Der Bescheider that es, und die Welle war um drei Fuß zu kurz. »Gut denn«, sagte Pumpfût, »faß du die Welle an dem einen Ende an, ich will es an dem andern thun, so wollen wir sie[284] ausrecken.« Also thaten sie, und es half, die Welle hatte ihre gehörige Länge wieder.

Quelle:
Adalbert Kuhn: Sagen, Gebräuche und Märchen aus Westfalen und einigen andern, besonders den angrenzenden Gegenden Norddeutschlands 1–2. Band 2, Leipzig 1859, S. 283-285.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Sagen, Gebräuche und Märchen aus Westfalen
Norddeutsche Sagen, Märchen und Gebräuche: aus Meklenburg, Pommern, der Mark, Sachsen, Thüringen, Braunschweig, Hannover, Oldenburg und Westfalen.