520.

[186] In einigen Dorfschaften ist die Gewohnheit, daß man demjenigen, der am letzten mit Brechung und Reinigung des Flachses oder Hanfes fertig wird, einen mit Scheve oder Flachs- und Hanfsplittern ausgestopften Kerl, Schevekerl genannt, vor die Thür stellt. Bremisch-niedersächsisches Wörterbuch, Zusätze und Verbesserungen, V, 451. – Wer seinen Flachs zu spät aus der Schewe bringet (brachet), der wird durch einen Strohmann, Schewekerl genannt, dazu aufgemuntert; und wenn er es zu spät schwingt, welches vermittelst eiserner Werkzeuge, die man Schlepbrake nennt, geschieht, dem wird ein sogenanntes Schlepweib, ebenfalls eine Strohfigur, heimlich am Abend vor die Thür gesetzt, wobei es dann an Lachen und Spotten in der Nachbarschaft nicht fehlt. Annalen der braunschweig-lüneburgischen Churlande, IX, 622.


Also ganz wie der beim Ernten zuletzt fertig Werdende den Alten erhält. Die Gottheit, welcher man diese Puppe aufstellte,[186] war vielleicht Frau Holle, was ich außer dem zu Nr. 518 Angeführten auch daraus vermuthen möchte, daß man zu Wolfshagen heimlich Verliebten über Nacht Scheve von der Wohnung des Mädchens bis zu der des Burschen streut. Lyncker, Nr. 348.

Quelle:
Adalbert Kuhn: Sagen, Gebräuche und Märchen aus Westfalen und einigen andern, besonders den angrenzenden Gegenden Norddeutschlands 1–2. Band 2, Leipzig 1859, S. 186-187.
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