Dritte Scene.

[5] Eginhard, König Karl, Roland, Ogier und gefangene Mauren. König Karl, von Roland, Ogier, Rittern, Damen und Pagen umgeben, naht in feierlichem Zuge und besteigt einen an der linken Seite errichteten Thron, während ihm von dem eindringenden Volke laute Huldigungen dargebracht werden. Eginhard verbeugt sich vor ihm, der König und die Ritter begrüßen Eginhard. Trabanten tragen die eroberten Trophäen voraus.

Nr. 3. Marsch und Chor.


MÄNNER UND RITTER.

Aus blutigem Gefechte

Der Sieger kehrt zurück;

Die Feinde wurden Knechte

Uns strahlte hold das Glück.

FRAUEN UND JUNGFRAUEN.

Den Sieger laßt uns schmücken

Mit frischem Lorbeerkranz,

Wie strahlt aus seinen Blicken

Des edeln Muthes Glanz.

ALLE.

Aus blutigem Gefechte etc.

KARL.

Den Sieg hat Gott in unsre Hand gegeben,

Euch wackern Helden sagt der König Dank.

Mit dem geschlag'nen Maurenfürsten Boland

Gilt's noch den Frieden zu verhandeln.

Mit milder Botschaft send' ich euch zu ihm.

Du, Eginhard, getreuer Hüter meines Hauses,

Schließ dich dem Friedenszuge an.


Eginhard verbeugt sich mit einiger Verlegenheit; zustimmende Bewegung unter den Übrigen.


ROLAND.

Geruhe, großer König,

Jetzt der Gefang'nen Schicksal zu entscheiden.

KARL.

So sei's; führt die Gefang'nen vor.


Roland giebt nach dem Hintergrunde zu ein Zeichen. Während des folgenden Chores werden die gefangenen Mauren hereingeführt, welche dem König zu Füßen fallen. Fierrabras befindet sich unter ihnen; er allein bleibt mit verschlungenen Armen und finster trotzigem Ausdruck stehen, ohne aufzublicken.
[5]

CHOR.

Die Krieger nah'n aus Feindesland,

Die unser Heer stark überwand.

KARL.

Des Krieges Los hat euch mir übergeben,

Doch fürchtet nichts: im wilden Sturm der Schlachten

Sei von dem Sieger Großmuth nie vergessen.

Steht auf!


Sie stehen auf.


Zur Heimat kann ich euch nicht senden,

Doch wandle jeder frei in meinem Staat,

Bis segenvoll der Friede wiederkehrt.

CHOR.

Dem Fürsten Heil und Segen,

Der milde Eintracht schafft!

Ihm sprießet froh entgegen

Des Volkes beste Kraft.

KARL nachdem er den noch immer unbeweglich stehenden Fierrabras scharf beobachtet.

Wer bist du, dessen tiefgesenkter Blick

Die Erde sucht? Ob Zorn, ob Scham dich leite,

Sag' an!


Fierrabras macht eine Bewegung des Unwillens.


Gar ungestümen Sinnes scheinst du.

ROLAND.

Verzeih' ihm, Herr; die Scham –

KARL.

Macht ihn verwegen;

Doch soll er Rede steh'n. Sag', stolzer Fremdling,

Was bindet deine Zunge?


Scharf.


Gieb mir Antwort!

FIERRABRAS auffahrend.

Verdammenswerthes Schicksal!

ROLAND.

Laß ihn schweigen,

Ihn quälet sein Geschick. – Am Rand der Ebene,

Wo sich des Heeres ganze Macht entfaltet,

Drang durch die engen, dichtgeschloss'nen Reih'n

Mit wildem Muth der Tapfre auf mich ein;

Tod ist sein Blick, Verderben seine Streiche,[6]

Rings Alles weicht; da beut er mir den Kampf.

Alsbald entbrennt ein mörderisches Kämpfen,

Das Alle mit Bewunderung erfüllt;

Lang währt der Streit im Angesicht des Heeres,

Das staunend theils und fürchtend uns umgiebt,

Bis endlich, übermannt, er mir erliegt. –


Gebärde finstren Unmuths von Seite des Fierrabras.


Gefangen steht er hier, doch als ein Held.


Fierrabras verharrt in stolzer ablehnender Haltung.


KARL.

Ein Held, ward er besiegt von einem Helden.


Zu Fierrabras.


Dein Los ist traurig zwar, doch ehrenvoll.

ROLAND.

O Herr, noch kennst du nicht den Feind, der vor dir steht;

So höre: Fierrabras ist's, den du siehst,

Des Maurenfürsten Sohn.

KARL steht auf, gewichtig.

Nimm deine Freiheit! bist du ein Held,

Wirst du sie nicht mißbrauchen.


Fierrabras verneigt sich ehrfurchtsvoll vor Karl. Roland geht auf Fierrabras zu und reicht ihm die Hand.


Quelle:
Franz Schubert: Fierrabras. Text von Josef Kugelwieser, Leipzig [o.J.], S. 5-7.
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