Vierte Scene.

[7] Vorige, Emma mit Jungfrauen. Sobald Fierrabras Emma erblickt, läßt er die äußerste Überraschung erkennen.


EMMA naht Karl und überreicht ihm einen Kranz.

Der Landestöchter fromme Pflichten

Weih'n, Vater, dir die Heldenzier;

Mir ward das Amt, es zu verrichten,

Für sie reich' ich den Lorbeer dir.


Karl schließt Emma zärtlich in die Arme.


JUNGFRAUEN.

Vaterhuld und milder Sinn

Schmückt den hohen Helden.

Seiner Tugenden Gewinn

Wird die Sage melden.[7]

KARL.

Mir darfst du, Tochter, diesen Kranz nicht weihen,

Der Held des Tags


Auf Roland zeigend.


hat ihn verdient.

Ihm, Roland, ihm, dem Sieger, dem Bezwinger,

Ihm reich' den grünen Kranz, des Sieges Ehre.


Die Jungfrauen nahen, Roland läßt sich auf ein Knie nieder und empfängt den Kranz. Fierrabras betrachtet Emma mit leidenschaftlichen Blicken.


JUNGFRAUEN.

Dir reichen wir mit Freuden

Den Kranz, du starker Held,

Der du der Feinde Scharen

Mit kühner Hand zerschellt.

FIERRABRAS leise zu Roland.

Wehe mir! Die Heißgeliebte ist's,

Die ich in Rom beim heil'gen Fest erblickt

Und der mein ganzes Herz gehört.

ROLAND in höchster Überraschung, leise.

Welche Ahnung! – doch sie, die an deiner Seite stand,

FIERRABRAS.

– war meine Schwester.

ROLAND.

Sag', lebt sie noch?

FIERRABRAS.

Sie lebt.

KARL.

Nun weiht euch alle der Siegesfreude

Zum Friedenszuge ruft euch der neue Tag.

CHOR.

Aus blutigem Gefechte

Der Sieger kehrt zurück,

Die Feinde wurden Knechte,

Uns strahlte hold das Glück.


Alle ab außer Fierrabras und Roland.


Quelle:
Franz Schubert: Fierrabras. Text von Josef Kugelwieser, Leipzig [o.J.], S. 7-8.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Diderot, Denis

Die Nonne. Sittenroman aus dem 18. Jahrhundert

Die Nonne. Sittenroman aus dem 18. Jahrhundert

Im Jahre 1758 kämpft die Nonne Marguerite Delamarre in einem aufsehenerregenden Prozeß um die Aufhebung ihres Gelübdes. Diderot und sein Freund Friedrich Melchior Grimm sind von dem Vorgang fasziniert und fingieren einen Brief der vermeintlich geflohenen Nonne an ihren gemeinsamen Freund, den Marquis de Croismare, in dem sie ihn um Hilfe bittet. Aus dem makaberen Scherz entsteht 1760 Diderots Roman "La religieuse", den er zu Lebzeiten allerdings nicht veröffentlicht. Erst nach einer 1792 anonym erschienenen Übersetzung ins Deutsche erscheint 1796 der Text im französischen Original, zwölf Jahre nach Diderots Tod. Die zeitgenössische Rezeption war erwartungsgemäß turbulent. Noch in Meyers Konversations-Lexikon von 1906 wird der "Naturalismus" des Romans als "empörend" empfunden. Die Aufführung der weitgehend werkgetreuen Verfilmung von 1966 wurde zunächst verboten.

106 Seiten, 6.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon