Zehnte Scene.

[24] Roland und Florinda.

Die Thür fliegt auf. Florinda stürzt herein. Sie hat einen Bund Schlüssel bei sich.


FLORINDA.

Wo ist er? Nicht des Todes Grauen

Hemmt meiner Schritte schnellen Lauf;[24]

Nur ihn, den Theuren, will ich schauen,

Dann flieh' des Lebens letzter Hauch!


Sie sinkt ermattet in seine Arme. Roland will sie zu dem Lager geleiten. Bei dem schwachen Lichtschimmer, welcher durch die offene Thüre dringt, erkennt er ihre Züge.


ROLAND.

Gerechter Himmel, ja, sie ist's! Florinda!


Er lehnt sie auf das Lager und ist zärtlich um sie bemüht. Florinda schlägt die Augen auf.


ROLAND.

Gott Lob! Schon schlägt sie die holden Augen auf!

FLORINDA.

Wo bin ich?

ROLAND.

In meinem Arm, in des Geliebten Nähe.

O güt'ger Himmel, ich hab' dich gefunden, mit dir das Glück.

Wie das Geschick auch wüthe, auf ewig bleibst du mir verbunden!

Selbst an des Grabes Rande

Erwacht das Leben neu,

Vom düstern Todesbande

Macht uns die Liebe frei.

FLORINDA.

Entzücken strömt und Leben

In die gequälte Brust,

Das Herz fühlt Wonnebeben

Die Seele Himmelslust.

BEIDE.

Wie leicht wird so die Todesstunde,

Da Leben quillt vom theuren Munde.


Er schließt sie in seine Arme.


ROLAND.

Theure Geliebte!

FLORINDA.

Eh' die Zeit verrinnt, komm laß' uns flieh'n,

Diese Schlüssel öffnen uns die Pforten.

ROLAND.

Doch die gefang'nen Genossen, darf ich sie verlassen?


Florinda ergreift die Schlüssel, eilt rechts dem Hintergrunde zu, sie öffnet eine Thür, aus der die Ritter hervorkommen.
[25]


Quelle:
Franz Schubert: Fierrabras. Text von Josef Kugelwieser, Leipzig [o.J.], S. 24-26.
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