Fünfter Auftritt

[125] Marktplatz von Trier. Es ist Nacht. Die Stadt brennt an mehren Punkten. Der Feuerschein beleuchtet die Bühne. Alle Glocken läuten. Von Zeit zu Zeit hört man das Krachen der Geschütze. Weiber fliehen händeringend, Kinder nach sich ziehend und auf den Armen tragend über die Bühne.


ERSTE FRAU über die Bühne stürzend.

Gerechter Himmel! all mein Hab und Gut!

ZWEITE FRAU ein Kind an der Hand über die Bühne stürzend.

Rettet Euch! Am Koritzer Tor dringt ein

Der Feind!

DRITTE FRAU ein Mädchen an der Hand auf die Bühne eilend, sich rings umsehend.

Fritz, Fritz? Wo bist du? Fritz!

Jesus Maria hilf! Mein Kind, mein Kind!


Stürzt wieder nach der Seite zurück, von der sie gekommen.

Haufen Bürger treten von verschiedenen Seiten tumultarisch und murrend auf, mit Piken, Schwertern und Streitäxten bewaffnet.


ERSTER BÜRGER.

's ist nicht zu halten mehr. Die halbe Stadt

Brennt schon.

ZWEITER BÜRGER.

Es dauert keine Stunde, hat

Der Feind die Simeonskirch'. Verlaßt Euch drauf.

DRITTER BÜRGER.

Der Feind? Was schwatzt Ihr da im Ton der Pfaffen!

Ist denn Franziskus mein und Euer Feind?

In seinem Aufruf hat er fest versprochen,

Er hab' es mit dem Pfaffen nur. Kein Bürger

Sollt' Kränkung leiden nicht an Leib noch Gut.

VIERTER BÜRGER.

Jawohl, es ist der Glatzköpf' Handel nur,

Den wir mit unserm Hab und Blut bezahlen.

DRITTER BÜRGER.

Wie stets! Ein dummes Handwerk treiben wir,

Zu fechten wider unsern eignen Vorteil

Und für des Pfaffendrucks Verlängerung.

VIELE STIMMEN.

Jawohl, sehr wahr!

ANDERE.

Nein, nein![126]

VIERTER BÜRGER.

Still, keine Spaltung!

Soviel steht fest: was Franz mit Richard hat,

– Die Stadt geht es nichts an. Warum dann aber

Zieht der Hochwürd'ge nicht mit seinem Adel

Ins Feld hinaus, um selber seine Fehde

Draußen mit Franz in offner Schlacht zu schlichten?

Warum verteidigt er statt dessen sich

Mit unsern Häusern, die in Brand aufgehn?

Macht uns zu Sündenböcken seines Streits?

Wer von Euch allen ist so pfaffentoll,

Daß freudig für die Sache der Geschornen

Er Haus und Hof und Weib und Kind und noch

Den Leib dazu nach in die Flammen wirft?

ALLE.

Nein, Niemand! Niemand!

MEHRERE STIMMEN.

Hin zum Bischof! Hin!


Quelle:
Ferdinand Lassalle: Franz von Sickingen. Stuttgart 1974, S. 125-127.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Franz von Sickingen
Franz von Sickingen; a tragedy in five acts (1910)
Franz von Sickingen

Buchempfehlung

Schnitzler, Arthur

Fräulein Else

Fräulein Else

Die neunzehnjährige Else erfährt in den Ferien auf dem Rückweg vom Tennisplatz vom Konkurs ihres Vaters und wird von ihrer Mutter gebeten, eine große Summe Geld von einem Geschäftsfreund des Vaters zu leihen. Dieser verlangt als Gegenleistung Ungeheuerliches. Else treibt in einem inneren Monolog einer Verzweiflungstat entgegen.

54 Seiten, 4.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon