7. Auftritt

[46] Vorige. Bernhardy.


BERNHARDY. Der Sekt ist schon prächtig eingekühlt, also bitte – ah, Pardon, Sie sind in schöner Gesellschaft, da will ich nicht stören.[46]

AMALIE. Ah, Herr Bernhardy, den Herrn Klapproth dürfen Sie mir noch nicht entführen, wir unterhalten uns gerade so gut.

BERNHARDY. So grausam bin ich nicht. Klapproth beiseite nehmend. Nur ein Wort, verehrte Frau. Schnell leise zu Klapproth. Bleiben Sie aber nicht zu lange, wir haben noch viel zu besprechen. Heiter. Sie unterhalten sich gewiß mit Frau Pfeiffer übers Heiraten?

KLAPPROTH erstaunt. Woher wissen Sie das?

BERNHARDY leise. Frau Pfeiffer spricht überhaupt von nichts anderem, als vom Heiraten und von ihrer Tochter. Das ist eine fixe Idee von ihr.

KLAPPROTH für sich. Also auch verrückt!?

BERNHARDY leise. Lassen Sie sich um Himmels willen auf keine Diskussion mit ihr ein, geben Sie ihr in allem Recht, sonst sitzen Sie übermorgen noch auf diesem Fleck. Laut. Bis nachher also! Ab links hinten.

KLAPPROTH für sich. Merkwürdig, wo es bei den andern fehlt, das wissen solche Kranken ganz genau.

AMALIE. Wie liebenswürdig von Ihnen, mir noch ein wenig das Vergnügen Ihrer Gesellschaft zu gewähren. Ich darf mir wohl schmeicheln, daß das Thema unserer Unterhaltung, welches ich zufällig anschlug, Sie so interessierte.

KLAPPROTH. Ich kann's nicht leugnen. Beiseite. Sie reitet wieder ihr Steckenpferd.[47]

AMALIE. Meiner Tochter sind Sie wohl noch nicht vorgestellt?

KLAPPROTH. Ist die denn auch hier?

AMALIE. Seit zirka acht Tagen. Mein Schwager bestand darauf. Er meinte, sie sei hier weit besser aufgehoben, wie in der Pension, in der sie sich befand.

KLAPPROTH beiseite. Wahrscheinlich auch verrückt, die Tochter.

AMALIE. Ich bin aber auch so glücklich, daß das Kind bei mir ist, Sie glauben es gar nicht. Ich wäre außer mir, wenn das Mädchen mich verlassen, wenn es am Ende gar heiraten wollte. Wie viele Bewerber um ihre Hand habe ich schon abgewiesen!

KLAPPROTH beiseite. Was mir daran liegt!

AMALIE. Ich würde doch nie einem so leichtsinnigen jungen Springinsfeld meine einzige Tochter anvertrauen, denn meine Friederike ist geradezu eine Perle, das kann ich ruhig behaupten, wenn ich auch die Mutter bin. Freilich, wenn ein reiferer und würdiger Mann käme, zu dem ich Vertrauen haben könnte, das wäre etwas anderes. Ja, der kann sich gratulieren, der einmal solche Frau bekommt. Ich sage Ihnen, sie kann kochen, überhaupt eine Erziehung hat das Mädchen genossen, geradezu einzig. Es hat ein Heidengeld gekostet, aber ich sage immer, eine gediegene Erziehung ist die beste Mitgift für ein junges Mädchen. Darin habe ich doch recht, Herr Klapproth?

KLAPPROTH. Aber vollkommen, gnädige Frau.[48]

AMALIE. Ach, wie freut es mich, endlich einmal wieder einem so vernünftigem Mann zu begegnen, wie Sie es sind.

KLAPPROTH beiseite. Wie richtig sie ihre Umgebung taxiert.

AMALIE. Wir zwei verstehen uns, nicht wahr?

KLAPPROTH. Das will ich meinen.

AMALIE. Nachher stelle ich Ihnen Friederike vor.

KLAPPROTH. Es wird mir ein Vergnügen sein.

BERNHARDY von links hinten. Aber mein lieber Herr Klapproth, wo bleiben Sie denn? Ich kann doch den Champagner nicht allein trinken.

KLAPPROTH. Gleich, gleich.

BERNHARDY. So kommen Sie doch, Sie wissen ja, um was es sich handelt. Wieder ab.

AMALIE. Ich will Sie nicht länger zurückhalten, mein lieber Herr Klapproth, Herr Bernhardy wird sonst ungeduldig. Wir sprechen uns ja nachher doch noch.

KLAPPROTH. Auf alle Fälle!

AMALIE für sich. Ich glaube, ich habe für Friederike einen passenden Mann gefunden. Den lasse ich aber auch jetzt nicht mehr aus den Augen. Nickt Klapproth freundlich zu, geht ab durch die Mitte.[49]

KLAPPROTH. Na, die wäre ich ja endlich, Gott sei Dank, los.

BERNHARDY kommt wieder. Nun, Herr Klapproth.

KLAPPROTH. Ich komme schon!

BERNHARDY. Herr Klapproth, Sie müssen erlauben, daß ich meiner Freude, Sie nunmehr zum Reisegefährten zu haben, Ausdruck gebe, und Ihnen ein würdiges Geschenk mache.

KLAPPROTH beiseite. Da bin ich aber gespannt. Laut. Sie wollen mir etwas schenken?

BERNHARDY. Ein paar prächtige junge Leoparden, die ich aus Afrika mitgebracht habe und eigentlich dem Zoologischen Garten stiften wollte.

KLAPPROTH mit Grimasse. Ein paar junge Leoparden?

BERNHARDY. Sie nehmen doch an?

KLAPPROTH. Na, natürlich, die haben mir schon lange in meinen Haushalt gefehlt. Für sich. Ich kann mir nicht helfen – 's ist ein großartiger Kerl! Beide links hinten ab.


Quelle:
Carl Laufs: Pension Schöller. Berlin 11[o.J.], S. 46-50.
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