28. Der sieben weisen Meister Rätzel.

[218] Der reiche König Crœsus, hatte eine grosse Königliche Gasterey angestellet / und unter andern mächtigen Potentaten darzu geladen die sieben Weisen aus Griechenland: Unterm Essen und Trincken haben sie /nach Gewohnheit der Alten / Gespräch gehalten /nicht von leichtfertigen Possen / wie jetz und leider zu geschehen pfleget / sondern von hohen Sachen / die Weißheit betreffend. Also hat der König Crœsus[218] etliche Fragen oder Rätzel den sieben Weisen auftragen lassen / und begehret / sie möchten ihm da eine richtige und wahre Antwort darauf geben / nemlich er hat gefraget:

1. Was das allerälteste wäre? Da haben sie darauf geantwortet: Es wäre GOtt: Denn der hätte keinen Anfang / dieweil er ewig wäre / und von niemand gemacht.

2. Was das allerschönste? Anwort: Die Welt: Dann was schön ist / ist in der Welt.

3. Was das allergröste? Der Ort: Dann darinn ist die gantze Welt.

4. Was das allerschnelleste? Des Menschen Gemüth: Denn im Augenblick sind die Gedancken im Himmel / und alsbald wieder auf Erden.

5. Was das weiseste? Die Zeit: Dann die bringet alles / erfindet alles / lehret alles.

6. Was das allerschwehrste zu thun? Sich selber erkennen.

7. Welches das leichteste zu thun? Andere Leute straffen und tadeln.

8. Was das dunckelste und ungewisseste? Der Anfang zufünfftiger Dinge.

9. Was das böseste? Die Zunge: Dann daraus kommet alles Unglück.

10. Was das beste und edelste? Die Zunge: Dann daraus kommet alle Tugend und Weißheit.


Uber Tisch / auch in Gesellschafften / soll man allezeit liebliche / nützliche / die Gemüther erbauende und gottselige Reden führen. Narrentheidung oder Schertz / welcher Christen nicht geziemet / soll nicht gehöret werden.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 218-219.
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