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Von dem kunstreichen Mahler Apelle erzehlet Plinius folgende Historiam.
Wann der Apelles etwas kunstreiches gemahlet und verfertiget hatte / so hat er solches öffentlich an seine Thür auf die Gassen gehänget / sich hinter eine Decke gestellet / und zugehöret / was die fürüber gehenden Leute von dem Gemählde redten und urtheileten. Wann er nun in einem und dem andern Stücke von jemand getadelt worden / hat er solches hernacher geandert. Es trägt sich aber einsmal zu / daß ein Schuster fürüber gehet / still stehet / das Bild anschauet / und endlich seine Meynung von der gemahlten Tafel saget / nemlich / daß die Schuh-Solen nicht recht gemacht wären. Apelles hat solches gehöret / und die Solen verbessert. Des folgenden Tages ist der Schuster wiederkommen / und hat gemercket / daß Apelles das Bild wegen seiner Aussage geändert. Als ist er fortgefahren / und hat auch die Beine an dem Bilde gestraffet / daß sie nemlich zu dicke wären / aber Apelles hat hinter der Decke herfür geruffen: Ne futor ultra crepidas, das ist / keiner unterstehe sich zu urtheilen und zu meistern / oder andere Leute etwas zu lehren / was entweder ihme zu hoch / und er nicht verstehet / oder was nicht seines Amts ist.
Können wir nicht alle dichten / so wollen wir doch alle richten.