34. Von Bären und Elephanten.

[229] Plinius schreibet von den Bären / daß sie an statt ihrer Jungen / fünff blosse unförmliche Stücke Fleisch gebähren / in der Grösse wie eine Mauß. Dieselben lecken sie Tag und Nacht / so offt und lang / biß Haupt /Nasen / Ohren etc. daran werden. Darum als Virgilius gefraget ward: Wie er so gute Verse machte? Hate er geantwortet: Weil ich sie mache wie der Bär seine Jungen. Dann was ich am Morgen gefasset / arbeite und poliere ich den gantzen Tag aus / biß es vollkommen[229] werde. Also vermahnet der Schulmeister seine Schüler / daß sie auch also thun sollen.

Daß dieses aber falsch sey / giebet erstlich die Natur / zum andern die Erfahrung. Die Natur / dann die Eltern können ihren Kindern die Gliedmassen nicht machen / oder ihrem Gefallen nach formiren: Sondern GOtt und die Natur muß es thun. Die Erfahrung bezeugets: So offt trächtige Bären geschlagen und ausgeweidet werden / finden sich die Jungen in ihrem Leibe / mit allen Gliedern / Haut und Haaren vollkömmlich. Vielleicht ist dieses Gedichte erstlich daher kommen / weil die jungen Bären / wann sie zur Welt kommen / mit einer Haut umgeben seyn / und gleich als in einem Bündel eingemacht. Dieselbe Haut lecket die Mutter so lange / biß sie entzwey gehet /und also der junge Bär vollkömmlich herfür kömmt. Aber solches ist nicht allein den Bären / sondern den Kühen / auch andern grossen Viehe gemein.

Vom Elephanten sind auch mancherley Lügen erdichtet / weil sie in unsere Länder nicht kommen. Insonderheit schreibet man / daß sie in einem jeden Schenckel einen gantzen Knochen haben / ohne Gelenck oder Beugung / darum könne sich kein Elephant niederlegen und schlaffen / sondern bleibe allezeit stehen: Lehne sich aber für Mattigkeit an einen Baum /und schlaffe also. Diesen Baum lernen dann die Jäger kennen / und sägen ihn biß auf ein wenig entzwey. Wann nun der Elephant kömmt und nach Gewohnheit sich daran lehnen will / so bricht der Baum / und er fällt darnieder / und kan sich nicht wiederum erheben / biß die Jäger zuspringen / ihm Ketten und Stricke anwerffen / und also gefangen nehmen. Diesem zuwider haben die[230] Spanier und Hollander in ihren Indianischen Schiff-Fahrten erfahren / daß die Elephanten zwar dicke / starcke Schenckel und Füsse haben /deren Beine aber dennoch mit unterschiedlichen Gelencken verwahret / welche sie eben wie ein Ochs oder Pferd wohl beugen können: Legen sich auch also auf die Erde und ruhen / und erheben sich wiederum wie ander groß Vieh / wie solches zu lesen beym Hugo Linschot / in seiner Schiff-Fahrt. Seneca schreibet auch in seinen Episteln / es habe ein Gauckler aus Mohrenland dem Elephanten / (welchen er mit sich gebracht) befohlen / daß er auf seine Knie niederknien / und einen Strich hinan kriechen müssen. Beym Martiale stehen diese Verse:


Quod pius & supplex Elephas te Cæsar adorat.

Crede mihi, numen sentit & ille tuum.


Hat dieser Elephant für dem Käyser die Knie gebogen /so muß er ja Gelenck gehabt haben.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 229-231.
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