42. Vom [242] Ibico und Besso.

Der Poet Ibicus ward aufm Felde von etlichen Räubern angefallen. Wie dieselbe ihm ihre Schwerdter an die Gurgel und Hertz gesetzet / und ihm jetzt ermorden wolten / Ibicus aber keinen Menschen sahe / der ihn hätte retten können / seynd[242] ohngefehr etliche Kraniche fürüber geflogen / die hat Ibicus angeruffen und gebeten / sie möchten seinen Tod rächen. Kurtz hernach kamen die Mörder in die Stadt und giengen auf dem Marckt spatzieren / da viel Leute vorhanden: Da flogen ohngefehr etliche Kraniche übern Marckt hin. So bald die Mörder die ansichtig worden / hat einer den andern angeredet / und gesagt: Siehe da des Ibici Rächer. Wie solches die Leute gehöret / haben sie gefraget / was sie von dem erschlagenen Ibico redeten. Die Mörder erschracken / werden alsbald ergriffen /und bekennen ihre Ubelthat / worauf sie folgends auch ihren verdienten Lohn empfangen.

Ein anderer / mit Nahmen Bessus, war mit seinem Vater ins Bad gangen / daselbst er nach entstandenem Hader und Streit seinen Vater ermordet / und sich heimlich davon gemacht. Etliche Tage hernach kömmt er in ein Wirths-Haus / siehet und höret allda unterm Dache die Schwalben im Neste zwitschern und singen: Nimmt alsbald einen Spieß / stösset das Nest herunter / und tödtet die Schwalben. Die anwesenden Gäste fragten ihn / warum er solches thäte? Da antwortete er: Höret ihr nicht / wie die losen Vögel singen / Bessus hat seinen Vater erwürget? Hierauf ist er eingezogen / und nachdem er seine Schuld bekennet / zum billichen Tode verurtheilet worden.


Ein zartes Ding ists um das Gewissen / wann einem das aufwachet / der hat Henckers genug / bedarff auch keines andern Uberzeugens. Conscientia mille testes.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 242-243.
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