48. Wie der Käyser pfleget erwehlet zu werden.

[251] Wann der Römische Käyser mit Tode abgangen / oder sein Amt aufgesaget / so muß nothwendig ein anderer erwehlet werden. Die ihn aber erwehlen /[251] derer sind sieben / daher genannt Septem Viri, oder Churfürsten / heute seyn derselben acht. Und seynd die Fürnehmsten im Reich / nemlich drey Geistliche / als der Churfürst von Mäyntz / der zu Trier und der zu Cölln: Der König aus Böhmen ist der mittelste unter allen: Welchen folgen vier Weltliche: Der Pfaltzgraff am Rhein / der Churfürst von Sachsen / der Churfürst von Bäyern / und der Churfürst von Brandenburg. Das Haupt in dieser Versammlung ist der Churfürst von Mäyntz / der die andern zusammen beruffet / und von ihnen ihre Meynung einfordert / hat auch die erste Stimme in der Wahl. Diese acht kommen zusammen zu Franckfurt am Mäyn / und nach gehaltenem Gebet bekräfftigen sie mit einem Eyde / daß sie wollen einen Käyser erwehlen / der geschickt und würdig sey zu diesem hohen Amt / ohne Gunst oder Geschencke. Zum andern erwehlen sie einen / der von Geburt ein Teutscher ist / und fürnemlich einer unter ihnen selbst: Ja wann drey in der Zusammenkunfft die Stimmen einem ihres Mittels gegeben / der kan alsdann Käyser werden. Nachdem nun ein neuer Käyser von ihnen erwehlet / werden ihme fürgehalten etliche Puncten / also lautende: Ob er wolle das Römische Reich regieren nach den alten Gebräuchen / und nach den gewöhnlichen Gesetzen? Das muß er eydlich bekräfftigen. Darnach wird er erst erwehlet. Zum dritten folget dann die Krönung / als ein Zeichen und eine Bestätigung des erwehlten Käysers. Erstlich wird er angezogen mit einem Purpur-Mantel: Darnach wird ihm ein Scepter in die Hand gegeben. Ferner wird er mit der Käyserlichen Krone gezieret / darauf oben ein Apffel ist / in Gestalt der Welt. Diese[252] Krone ist eine Anzeigung der höchsten Herrlichkeit / womit ihm wird die Macht gegeben zu regieren die gantze Welt. Es gebrauchen zwar die andern Könige auch köstliche Kronen einer gleichen Bedeutung; Der Pabst aber zu Rom trägt aufm Haupt eine dreyfache Krone; und ist solches erst gestifftet vom Käyser Constantino Magno, (wie die Papisten fürgeben /) anzuzeigen /der Pabst sey ein Haupt der gantzen Christlichen Kirchen / und aller Gemeine durch die drey Theile der Welt.

Vorzeiten (welche Weise nun abkommen /) wurden dem Käyser drey Kronen aufgesetzet / eine eiserne /silberne und güldene; Der eiserne hat angezeiget die Stärcke und Gewalt / damit der Käyser seine Feinde solte verfolgen. Die silberne war ein Zeichen der Durchlauchtigkeit / der Aufrichtigkeit und Eintracht in Worten und Wercken / damit ein Käyser solte bagabet seyn. Durch die güldene ward angezeiget die Käyserliche Majestät / Hoheit und Herrlichkeit.


In Erwehlung hoher Obrigkeit muß man ordentlich verfahren. Den löblich alten Gebräuchen soll sich niemand widersetzen. Ceremonien haben allemal ihre sonderliche Deutung.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 251-253.
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