49. Erzehlung der fürnehmsten Stände des Römischen Reichs.

[253] Die Stände des Römischen Reichs werden in drey Theile getheilet. Der erste und fürnehmste begreifft die acht Churfürsten / derer zuvor gedacht / nemlich drey geistliche / Mayntz / Cölln und Trier / vier weltliche / Pfaltz am Rhein / Sachsen / Bäyern und Brandenburg / und den König aus Böhmen / der der Mittelste unter ihnen. Der ander Stand[253] ist der Fürsten /welche zweyerley seyn / nemlich geistliche und weltliche / gleichwie der Churfürsten. Der geistlichen Fürstlichen seynd drey Stände oder Grad: Die Fürnehmsten werden genannt Ertzbischöffe / als da seyn der Erzbischoff zu Magdeburg / und der zu Bremen: Ferner die etwas geringer seyn / werden genannt Bischöffe / wie der Bischoff zu Schwerin / Butzow /Halberstadt / Paderborn. Die letzten seyn die Aebte /als zu Fulda. Weltliche Fürsten sind getheilet in folgende Stände / vom höhesten biß zum niedrigsten. Erstlich seynd die Ertzhertzoge zu Oesterreich / vom Käyserlichen Stamm / daher auch ihren Ursprung haben die Könige von Hispanien. Es sind aber zwo Linien der Ertzhertzoge von Oesterreich / eine vom Käyser Ferdinando herkommend / die heute noch in Teutschland floriret: Die andere von Carolo Quinto, welche ist das Hauß zu Burgundien. Zum andern / so folgen diesem Stande die Groß-Fürsten / derer kein einiger in Teutschland gefunden wird. In Welschland aber seynd die Großfürsten von Florentz / derer Haupt oder erster Anfänger gewesen Cosmus Medices. Ein solcher ist auch der Groß-Fürst aus der Moscau /Litau / der grosse Cham. Drittens folgen nach diesen die Fürsten / als zu Mecklenburg / Pommern / Holstein / Lüneburg / Braunschweig. Zum vierdten / folgen diesen nach die Marggraffen / wie zu Brandenburg und Baden. Zum fünfften die Landgraffen / als der Landgraff von Hessen. Zum sechsten / die Graffen / als der von Manßfeld / Schauenburg / Nassau / Oldenburg. Zum siebenden / die Freyherren / als Piemont / der Fuger von Augspurg. Letzlich können auch hinzu gethan werden die gemachten Pfaltzgraffen / die vom Käyser[254] nicht allein diesen Titul und Nahmen bekommen / sondern über das auch Macht haben / Doctores, Magistros, und gekrönte Poeten zu erwehlen /unehrliche Hurenkinder ehrlich zu machen / Wapen auszutheilen / etc. Welches zwar ein grosses / wann man diese Privilegien nicht mißbrauchte. Alle diese erzehlte Stände erkennen kein höher Haupt als den Käyser: Und seynd also diß die zween erste Stände des Römischen Reichs.

Der dritte und letzte Stand begreifft Edelleute und Städte. Erstlich / die Edelleute herrschen über ihre Bauern: Zu den Edelleuten können gezogen werden alle Doctores, Licentiati, Magistri. Zum andern / die Städte begreiffen in sich den Rath und die Unterthanen: Dieser letzte Stand ist dem Käyser nicht immediate unterworffen / sondern so wol die Edelleute / als die Städte / sind unter ihren Fürsten: Die Fürsten aber unter dem Käyser. Dennoch seynd etliche Städte / so keinen Fürsten haben / die dem Käyser stracks unterworffen seynd / daher sie auch den Nahmen führen /daß sie Käyserliche Frey-Städte genannt werden / als da ist Lübeck / Nürnberg / Straßburg / Cölln /Franckfurt am Mäyn.


Ein Stand ist höher / dann der ander. Darum soll sich der niedrige dem höhern nicht fürziehen / sondern es soll heissen: Ehre dem Ehre gebühret / Zoll dem Zoll gebühret. Und: Gebet dem Käyser / was des Käysers ist. Aber auch dabey: Und GOtt / was GOttes ist.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 253-255.
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