53. Treue der Hunde.

[260] Plutarchus erzehlet / daß sein Vater / da er zu Athen studieret / folgende That mit Augen gesehen und erfahren habe.

Es war ein Dieb in des Æsculapii Tempel gebrochen / der hatte daraus den meisten Theil der silbernen und güldenen Gefässe / die sie zum Opffer brauchten / gestohlen / und sich damit fortgemachet. Nun ist zur selben Zeit in dem Tempel ein Hund gewesen / der den Tempel bewahret: Wiewol aber derselbe sehr gebellet / seynd dennoch keine Leute vorhanden gewesen / die es gehöret; Deßwegen der Hund dem Diebe gefolget / der ihn offt mit Steinen geworffen / wordurch dennoch der Hund sich nichts zurück und abtreiben lassen /[260] sondern als es nun Tag worden / dem Diebe allezeit gefolget / und ihn mit den Augen immer starck angesehen / und verwahret: Hat auch die gantze Zeit über nichts gegessen: Die Leute aber / so ihm entgegen kommen / hat er freundlich angelauffen / ihnen mit dem Schwantze geliebkoset / und den Dieb nicht aus den Augen gelassen. Wie dieses das Volck gesehen / und es nunmehro offenbahr und kund worden / daß der Tempel bestohlen /ist man auf einen Argwohn gerathen / der Mensch sey es / welcher den Diebstahl begangen. Der auch hier auf gefänglich eingezogen / und die That endlich bekannt.

Da der König Pyrrhus einsmahls auf das Feld gangen / ist er eines Hundes / der einen todten Leichnam bewahret / gewahr worden: Da er aber lange darnach gefraget / was das wäre? Hat man gesagt / daß der Hund in dreyen Tagen nichts gegessen. Der Pyrrhus, nachdem er den todten Cörper begraben lassen / hat den Hund zu sich genommen. Nach etlichen Tagen wurden die Soldaten gemustert / und gieng ein jeglicher den Pyrrhum vorbey / unterdessen lag der Hund zu Pyrrhi Füssen gantz friedsam und stille. Da aber der Mörder vorbey gangen / ist der Hund schleunig aufgesprungen / und den Mörder bellend angefallen /auch zugleich den Pyrrhum offt angesehen / daraus Pyrrhus auf diesen Soldaten einen Argwohn geschöpffet hat / und wie er den Sachen nachgefraget /befunden / daß dieser Soldat denselben Todschlag begangen / deßwegen er dann auch gestraffet worden.


Hieraus können wir erkennen die Treue der Hunde /die offt für ihre Herren besser und tapfferer streiten / als ein Mensch für den andern.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 260-261.
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