55. Vom [265] Aristippo.

Aristippus, ein sehr kluger Philosophus, hat Geld und Gut nicht groß geachtet / sondern als ein unnöthiges und beschwerliches Ding weggeworffen / welches zu sehen ist aus des Horatii folgenden Versen:


Græcus Aristippus, qui servos projicere aurum

In Media jussit Libya, qua tardius irent,

Propter onus segnes.


Dieser Aristippus hat öffentlich gesagt / keinem rechten Philosopho mangele es jemahls / an Gelde. Es hat sich aber zugetragen / daß auf einmahl / da er nicht viel Geld mehr übrig hatte / er sich zu dem König Dionysio verfügte / und bey demselben sich seiner Armuth halber beklagte / bittend / Dionysius möchte ihm[265] etliche Cronen vorstrecken. Der König Dionysius hat den Aristippum ausgelachet und gesagt: Wie kömmt das / Aristippe, mit deinen vorigen Reden überein / nemlichen / daß es keinem Philosopho an Geld mangele? wie kömmts dann / daß du Geld von mir bittest? Aristippus hat geantwortet / der König solte ihm nur erstlich etwas an Gelde herreichen / so wolte er alsdann / warum er gefraget würde /gute Antwort geben. Der König hat befohlen / ihm tausend Cronen zu zahlen / dieselbe hat Aristippus bald in seine Taschen gestecket / sagende: Ich bleibe noch bey meiner vorigen Meynung / daß den Philosophis niemahls Geld mangele / und daß solches wahr sey / must du / O König / selber bekennen. Ist hiemit aufgestanden / und mit den tausend Cronen davon gegangen / angesehen es ihm am Gelde nicht mangele.


Was Aristippus von den Welt-Weisen gesagt / solches mögen wir billich sagen von den Gottesfürchtigen /die haben keinen Mangel an irgend einem Gut.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 265-266.
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