56. Grausamkeit etlicher Tyrannen.

[266] Jetzt will ich von Grausamkeit der Tyrannen etliche Exempel erzehlen:

Phalaris, König der Agrigentiner / ein tyrannischer / unbarmhertziger Mensch / hat nicht allein seine Unterthanen trefflich geplaget / sondern auch diejenigen / welche ihm neue Art und Wege an die Hand gegeben / die Leute zu martern / mit grossen Geschencken begabet. Unter etlichen Künstlern hat sich auch bey ihm angegeben Perillus, welcher von Ertz einen hohlen Ochsen verfertiget / darinnen ein Mensch sitzen können. Der Ochse aber war so künstlich gemacht / daß wann Menschen darein gesetzet wurden / und man[266] das Feuer darunter ansteckete / und dann die Menschen schrien / es ein Gelaut gabe / als wann ein Ochse brüllete. Dieses Instrument hat dem Phalaridi sehr wohl gefallen. Auf daß ers aber versuchte / hat er zum ersten mal den Perillum selbst drein legen heissen / der dann / ehe er verbrannt / als ein Ochse geschrien. Es kan auch zu der Tyrannen-Zahl gethan werden der Dionysius, König zu Syracusa / der hat bald im Anfange seiner Regierung / sowohl seine besten Freunde / als die Fürnehmsten des Reichs aus dem Wege räumen lassen. Er hat auch Trabanten bestellet / die ihn bewahren müssen / weil er wegen seiner Tyranney keinem Menschen trauete: Dabeneben hat er auch keinen Barbierer gebraucht /sondern seine eigene Töchter haben ihn müssen den Bart abnehmen / und nicht zwar mit einigem Messer /sondern mit glüenden welschen Nuß-Schalen haben sie ihm die Haar abgesenget. Das Bette / darinnen er schlieff / hat er auf diese Art verwahret: Nemlich / er hat eine tieffe weite Grube bey dasselbe gegraben /darüber eine Brücke gemacht / und wann er nun zu Bette gehen wollen / ist er über dieselbe gegangen /und hat solche hinter sich wieder aufziehen lassen: Diß alles ist vom bösen Gewissen der begangenen schrecklichen Thaten herkommen. Diesen allen ist an Grausamkeit fern überlegen der Tyrann und Blut-Hund Nero, dessen wir zuvor an andern Orten gedacht. Auch hat der König Ptolomæus seinem einigen Sohn / von seiner eigenen Schwester gebohren / Kopff / Hände und Füsse abhauen lassen / solche Stücke wohl verwahret / in ein Tuch gewickelt / und seiner Frauen und Schwester zum denckwürdigen Geschenck auf ihren Geburts-Tag geschicket und verehret. Die Etrusci haben[267] lebendige Menschen an todte Cörper und zwar die Rücken / Hände und Füsse zusammen gebunden / auf daß / wann das todte Aaß begunte zu faulen / auch die Lebendigen mählich sturben und verfauleten. Die Barbaren / wann sie Vieh geschlachtet / und das Eingeweide ausgenommen / haben sie an dessen statt lebendige Menschen in den Bauch genehet / also / daß der Kopff nur heraus gegucket / und dieselben also weggeworffen / da sie dann so lange von den Würmern gequälet und gefressen worden /biß sie endlich elendiglich gestorben.


Es seynd keine Menschen / sondern wilde und grausame Thiere / die Lust tragen / andere Leute zu martern. Wer eine Grube gräbet / der fällt offt selber hinein. Ein wütiger Tyrann ist ein furchtsames Thier.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 266-268.
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