59. Exempel glaubwürdiger / wie dann auch falscher Leute.

[271] Als Käyser Augustus wegen des Antonii und seiner Liebhaberin Cleopatræ triumphirte / ist ein Egyptischer Priester gefangen in die Stadt Rom bracht worden / von dem man gesagt / er hätte nicht mehr / dann nur einmal sein Lebenlang falsch oder unwahr geredet. Das gute Gerüchte hat den Rath bewogen / daß er beschlossen / denselben nicht allein loß zu lassen /sondern auch zu höhern Pristerlichen Würden zu erheben / ja ihm endlich auch zu Ehren eine Seule aufrichten zu lassen; Im Gegentheil schreibet Spartiatus, daß zur Zeit des Käysers Claudii ein Römer mit Nahmen Pamphilius gestorben / von welchem man starck gesaget / daß er sein Lebetag kein wahr Wort geredet / derhalben der Käyser befohlen / man solte desselben Pamphilii Leichnam nicht begraben / sein Gut aber in den gemeinen Kasten legen / sein Hauß herunter reissen / sein Weib und Kind aus der Stadt vertreiben /daß also dieses bösen Menschen nicht mehr gedacht würde. Hieraus ist zu ersehen / daß ob wohl zu der Zeit die Römer und Egyptier nicht wohl stunden / sie dennoch die Warheit gelobet / geliebet und begabet /die Lügen gescholten / gehasset und gestraffet. Was mehr ist / haben sie ihren Feinde zum Gedächtniß eine Seule lassen aufrichten / hingegen nicht vergönnen wollen / daß ihr eigener Mitbürger zur Erden bestätiget wurde. Diesen jetzt erzehlten können wir den Hannibalem vergleichen / und den Cnejum Pompejum. Obwohl der Hannibal ein tapfferer und trefflicher Held gewesen / so ist er doch dabeneben lügenhafftig und[272] untreu gewesen. Dann es bezeuget Levinus von ihm / daß er niemals gehalten habe / was er zugesaget; Im Gegntheil ist der Cnejus Pompejus ein Spiegel der Wahrheit und Treue gewesen / der hat auf eine Zeit seine zween grossen Feinde / den Octavium und Marcum Antonium auf sein Schiff in der See zu Gaste geladen / da ist der Menodorus, des Pompeji Oberster / zu dem Pompejo gegangen / und hat ihn gefraget / ob er zu frieden / so wolte er die beyden Schiffe / darinnen die Feinde wären / ins Wasser sincken lassen. Aber der redliche Pompejus hat Menodoro geantwortet / wann ich wäre / der du bist / so hätte ich solches fürlängst gethan / wann du aber Pompejus wärest / und so / wie er / Treu und Warheit liebtest /so wäre dir diß auch nicht einmal in den Sinn kommen.


Warlich diß sind herrliche Wort und Thaten / die einem solchen Könige / ja allen Fürsten und Potentaten wohl anstehen und gebühren.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 271-273.
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