90. Der köstliche Tempel [331] Dianæ in der Stadt Epheso.

Ephesus ist gewesen eine Stadt / gelegen in Asia / in der Gegend Ionia, sehr berühmt / daß auch von derselben im Neuen Testament / in der Apostel-Geschicht und denen Send-Brieffen des Apostels Pauli, gar offt Meldung geschicht.[331]

Ist erstlich aufgebauet von den Amazonen / von welchen anderswo. In dieser Stadt Epheso ist eine überaus herrliche / reiche / köstliche Kirche gewesen /der Göttin Dianæ geheiliget und zugeeignet / darüber in die 220. Jahr gantz Asia gearbeitet / aus Anordnung und Befehl 120. Könige / derer jeglicher eine Seule von reinem Marmorstein 60. grosser Schuhe hoch darein verehret / darunter 30. wunderkünstlich mit Bildern ausgeetzet und ausgegraben. Der Baumeister ist gewesen einer mit Namen Gersiphon, und ist dieser Tempel gestanden / auf einem sumpffigen Ort /auf daß er vom Erdbeben nicht könte gereget oder zerschüttert werden. Im selben Tempel ist gestanden das Bildniß der Göttin Dianæ, gantz nackend mit ihren Pfeilen und Bogen / aus sehr weissem Marmor /welches nicht allein von den Ephesern / sondern von gantz Asia ward angebetet / und mit vielen Geschencken verehret. Daher der Tempel über die massen reich / und eine grosse Menge Arbeitsleute / Priester und andere / ihren Verdienst und Auffenthalt davon hatten. Unter denenselben war auch ein Goldschmidt /mit Namen Demetrius (wie zu lesen in der Apostel-Geschicht am 19. Cap.) welcher / als Paulus und seine Gefehrten dahin kamen / das Wort GOttes zu predigen / und die von Händen gemachte Göttin abzuthun / ihnen sich hefftig widersetzte / fürchtend /daß dadurch aller Verdienst bey dem Tempel fallen und abgeschaffet würde. Aber diesen schönen reichen Tempel hat ein Epheser / Herostratus geheissen / angestecket / und auf den Grund verbrannt. Der ihm durch solche That gedacht einen ewigen Namen zu machen / weil er gar ein loser Kerl war / und Lob zu erwerben / sonst kein Mittel hatte: Damit aber dieser[332] Bube Herostratus diesen verhofften Preiß und Namen nicht erlangte / haben die Epheser beschlossen und ausruffen lassen / daß wer den Herostratum nennen würde / der solte des Todes schuldig seyn. Es ist aber der Tempel angesteckt und verbrannt worden / eben am selben Tage / an welchem Alexander der Grosse gebohren. Da zugleich die Priester in der Stadt Epheso gleichwie tolle Menschen herum gelauffen / und geschrien: Es wäre an dem Tage ein grosses Ubel gebohren für gantz Asia, welches dann auch am Alexander wahr worden. Plutarchus meldet / es seyn etliche gewesen / so geschrieben / der Tempel sey darum verbrannt / weil Diana (eine Göttin der gebährenden Frauen /) der Olympiadi in ihren Kindes-Nöthen beystund / und nicht zu Hause im Tempel war / ihm auch nicht konte in der Brunst zu Hülffe kommen.


Wer durch Schelmenstücke oder ungebührliche Mittel herfür zu kommen / und Lob zu erlangen gedencket / der wird betrogen.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 331-333.
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