2. Etliche Kunst-Stücklein der alten Werckmeister.

[355] Der sehr weise Heyde Plato in seinem Gespräche Memnone, und dessen Schüler Aristoteles in seinen Politicis, schreiben Wunderdinge von des Dœdali, eines kunstreichen Werckmeisters Arbeit / daß derselbe unterschiedliche Bildnisse geschnitzet und verfertiget / welche nicht allein von sich selber hingegangen /und was man ihnen zu arbeiten und zu verrichten anbefohlen / alsbald gethan und vollführet; Sondern nach geschehener Arbeit / wann man sie nicht alsbald fest angebunden / seynd sie von sich selber davon gelauffen / und nicht wieder kommen.

Plutarchus zeuget von dem Callicratide und Myrmecide, daß sie haben aus freyer Faust Wagen gemacht mit vier Rädern / Deichseln / und allem Zugehör / nur so groß / daß eine gemeine Fliege den gantzen Wagen hat bedecken können mit ihren Flügeln /und ist auf des Wagen Deichsel geschrieben gewest ein gantzer Vers Homeri. Eben dieselben Meister haben auch können auf ein Senff-Körnlein vollkömmlich schreiben etliche Griechische Vers desselben Homeri. Beym Æliano finden wir auch / daß einer gewesen / welcher das gantze Buch Homeri, Ilias genannt /so klein hat abgeschrieben / daß mans hat in eine Nuß-Schaale beschliessen und verbergen können.

Der Philosophus Architas von Tarento bürtig / hat von Holtze eine Taube geschnitzet / welche sich selber ohne Zuthun einiger Hülffe in die Lufft erhaben /und eine lange Zeit herum geflogen / wie solches zu lesen beym A. Gellio.

Archimedes hat auch von Glaß eine runde Welt-Kugel gemacht, innerhalb welcher man hat augenscheinlich sehen können des Himmels und der Sternen[356] Gestalt und Bewegung. Es ist darein verschlossen gewesen / die Sonne / der Mond und andere Sternen /die allda ihren Lauff gehalten und vollendet / als des Tages / des Monats / des Jahrs / eben solcher massen / wie am Himmel geschicht: Der Mond hat seinen Schein gleicher Gestalt verändert / wie er zu thun pfleget. Solches alles hat man durch das Glaß sehen können / und ist nicht irgendwo getrieben durch Räder / wie in den Uhrwercken geschicht / sondern durch einen natürlichen subtilen Geist / der alles obbesagter massen beweget / wie hievon Claudianus in seinen Versen rühmet.


Hieraus sehen wir / was menschliche Vernunfft und kunstreiche Hände vermögen. Es erlanget auch ein trefflicher Meister durch seiner Hände Arbeit groß Lob / und offt einen unsterblichen Nahmen.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 355-357.
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