3. Ob man den Sand am Meer zehlen könne?

[357] Der jetzund gedachte und billich gerühmte Archimedes von Syracusa ist in ein Gespräch gerathen mit dem Könige Geleone, da unter andern fürgefallen / ob man auch eine Zahl erfinden könte / welche höher und grösser wäre, als aller Sand am Meer? Archimedes hat sich erboten / dem König eine Zahl zu nennen und darzuthun / die nicht allein allen Sand übertreffe /sondern auch grösser wäre als alle Sand-Körnlein /wann auch der gantze Erdboden / das Meer / die Lufft / ja der Himmel biß zum höchsten Firmament damit erfüllet seyn solte. Solches hat er aus festem und gutem Grunde bewiesen / daß niemand daran zweiffeln / vielweniger solches umstossen können. Erstlich hat er geforschet und gesetzet / wie viel Sandkörnchen bey einander geleget / der Breite eines Gersten-Korns /[357] (welches ist die kleineste Maaß) gleich seyn? Ferner weil 4. solcher Gersten-Körnlein einen Fingerbreit machen: 4. Finger eine Hand: 4. Hände einen Fuß: 5. Füsse einen Schritt: 4000. Schritte eine gerechte Meile; so hat er leichtlich aussagen können / wie viel Sand-Körnlein bey einander geleget / eine Meile machen würden. Nun weiß man gar genau / wie viel Meilen des gantzen Erdkreises / (Erd und Wasser zusammen) Dicke / Breite / Länge in sich hält. Hat der halben Archimedes auch können wissen / wie viel Sand-Körnlein die gantze Erd-Kugel machte. Hernacher weil auch mehrentheils bekannt / wie viel Meilen seyn zwischen dem Mittel-Punct der Erden / und äusserstem Firmament, (man nennets der Welt halber Diameter) und aus solchem bewusten Diametro / man alsbald wissen kan den Erdkreiß des gantzen Firmaments; Und dann endlich aus beyden / so wol dem Diametro / als dem Umkreiß / die Dicke oder Capacität der gantzen Welt leicht zu erforschen stehet. Es hat Archimedes künstlich erfinden und aussagen können die Zahl / welche übertreffe alle Sand-Körnlein /wann auch mit denselben die gantze weite breite Welt solte ausgefüllet seyn. Solche Zahl (wie beym Archimedes selbst zu lesen / in seinem Büchlein de numero arenæ) ist dieselbe / wann man eins vorn an, und hernach ein und fünfftzig Ziffern schreibet.


Durch Kunst kan man viel zuwege bringen / welches die Unwissenden vor unmöglich halten.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 357-358.
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