51. [442] Archimedis Kronen Probe.

Vitruvius im 9. Buch 3. Cap. setzt folgende Historiam: Zu Syracusa (ist eine Stadt der Insulen Siciliæ im Mittelländischen Meere) regierte bey des Archimedis Zeiten (welches Manns Kunst wir zum öfftern gerühmet) ein König mit Nahmen Hieron. Dieser hatte seinen Göttern gelobet und versprochen eine güldene Krone zu verehren. Giebt derhalben einem Goldschmied ein gewiß Gewichte Goldes solch Werck zu verfertigen. Der Goldschmied behält ein gut Theil Gold davon für sich / und thut an dessen statt Silber darzu. Hiero argwohnete den Betrug / wuste doch den Sachen nicht zu thun / offenbahrete dem Archimedi sein Anliegen: Der bate Zeit sich hierauf zu bedencken. Gehet darauf ins Bad / lässet einen Krug der biß oben an voll Wasser füllen / setzet sich darein und mercket / daß eben so viel Wasser heraus lauffen als viel von seinem Leibe im Wasser gesessen / und welches Wasser ist bedecket gewesen: Stehet vor Freuden auf / lauffet nacket ausm Bade nach Hause / schreiet überlaut und ohne Unterlaß: Ich habs gefunden! Da lässet er ihm vom Könige langen zwey Stücke eines von Silber / das ander von Gold eben des Gewichts als die Krone war. Lässet auch manchen ein höltzernes Gefäß / füllet das mit Wasser biß oben / und thut alsbald das Stück Silber darein / und mercket aufs genaueste / wie viel Wasser heraus fliesse?[442] hebet er auf / und missets / oder wegets ab / wie viel es sey. Gleichfalls füllet er sein Gefäß wieder mit Wasser biß oben an: Thut das Stück Goldes darein / und erforschet abermal wie viel Wasser davon ausgeflossen; Zum dritten macht macht ers eben mit der Krone. Weil nun (zum Exempel) ein Pfund Goldes viel kleiner ist als ein Pfund Silbers / und so viel Raum im Wasser nicht wegnimmt, daher auch so viel Wasser nicht ausdringen als das Silber / welches grösser und mehr Raum bedarff / und mehr Wassers verschüttet so hat Archimedes an Betrachtung / wie viel Wassers die gemachte Krone ausgegossen / wie viel das Gold /wie viel das Silber / bald die Rechnung machen können / wie viel Gold und wie viel Silber zu der Krone gethan wäre. Hat also dieser Mann durch seine Spitzfindigkeit den Betrug offenbahr gemacht.


Die edle Mathesis vermag Dinge zu wege zu bringen /die sonst unmüglich zu seyn scheinen.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 442-443.
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