7. Gewohnheit.

[363] Was die Auferziehung und das Gewehnen von Jugend auf vermag und wie viel daran gelegen / hat Plutarchus sehr schön angezeiget und bewiesen in seinem Büchlein von der Kinderzucht / da er unter andern auch diese Geschicht erzehlet: Lycurgus, der berühmte Gesetz-Geber unter den Spartanern / hat einsmals zwey junge Hunde / von einerley Hunden in einer Zucht gebohren / auf unterschiedliche und besondere Art gewehnet / erzogen und aufgebracht: Den einen hat er gewehnet zum Jagen / Hetzen / und aller fleißigen Aufwartung: Den andern in der Faullentzerey lassen hingehen / und mit köstlicher Speise und Leckerbißlein immer gefüllet: Nun auf eine Zeit wie die Lacedæmonier gar häuffig versammlet waren: hat er zu ihnen gesprochen: Ihr lieben Bürger von Sparta / daß die Lehre / die Ubung und das Gewehnen einen grossen Vorschub und Beförderung zur Tugend thue /will ich euch alsbald beweisen: Hat darauf ins Mittel und herfürgebracht ein Faß mit Gebratens / und einen lebendigen Haasen / und seine beyde Hunde loß und ledig darbey gestellet: Da ist der eine schleunig nach dem Haasen gelauffen: Der ander aber hat sich an das Gebratens gemacht. Wie die Bürger noch nicht verstehen und begreiffen können / was Lycurgus damit meynete / ist er in seine Rede fortgefahren / sagende: Höret ihr Lacedæmonier / diese zween Hund sind von einerley Eltern gebohren / auf eine Zeit / und an einen Ort / aber auf unterschiedliche Art habe ich sie auferzogen / daher ist der eine ein Jagt-Hund worden / und der ander taugt nirgends zu / als nur seinen Bauch zu füllen. Ebener massen verhält es sich mit euren Kindern. Ziehet ihr dieselbe auf zur Tugend /[364] haltet ihr die zur fleißigen Arbeit / so werden redliche geschickte Leute daraus / die dem gemeinen Besten nütz und dienstlich seyn können. Lasset ihr sie aber aufwachsen in Lastern / in Wollust / in Müßiggang / so werden sie eben so viel nutzen, als ein fauler untüchtiger Hund.


Hieher gehöret des Horatii Spruch: Ein neuer erdener Topff behält gar lange den Geruch / den er einmal an sich gezogen.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 363-365.
Lizenz:
Kategorien: