80. Herings-Fang.

[485] Der Hering wird nicht gefunden noch gefangen weder in Wasserflüssen / noch im Mittelländischen und Spanischen Meer / oder dergleichen / sondern nur in der Mitternächtigen See. Er kömmt von den äussersten Theilen des Nord-Meers / fället und streichet mit ungläublicher Menge nach dem Lande zu / ins Teutsche / Schottische und Engelländische Meer / da er dann seinen Gang hat rund herum / und von dannen fort in die weite See / nahet sich nach dem Lande zu / an des Meeres Gestade / sich gleichsam anbietend / daß man ihn fange. Sonderlich läufft er gerne zu / da er Feuer /Licht oder Menschen vernimmt. Es haben die Hering unter sich einen König / wie die Bienen / der ist zwar nicht grösser als die andern / hat aber ein Zeichen aufm Haupt / welches röthlich einer Kronen gleich /und überall die Schuppen voll Kronen gezieret vom Haupt biß zum Schwantz. Kein König ist auf dieser Welt gewesen / oder noch heute / welcher mehr Unterthanen hat als dieser. Andere Potentaten müssen mit einer Krone zufrieden seyn. Dieser solte wol 100. missen / und dennoch ein König bleiben. Diesem ihrem Könige folgen die Heringe in wunder-grosser Menge / und unaussprechlicher Schaar / und nachdem sie gläntzende Augen haben / scheinen sie zu Nacht wie Feuerstrahlen / nehren sich allein vom Wasser (welches sonst kein Fisch thut) und so bald sie ausserhalb Wassers die Lufft empfangen / sterben sie. Je näher sie ans Land kommen / je magerer sie werden /vielleicht von Müdigkeit und Weite der Reise / oder wegen der Natur des Wassers.[486] Der Heringsfänger oder Büsen seyn unzehlich: In Holland allein sind ihr bey 1000. Ich setze nur / daß jegliche Büchse oder Herings-Schiff 70. Last Heringe zu Lande bringe: Das wären 70000. Last. Jegliche Last 12. Tonnen /seynd 840000. Tonnen: Jegliche Tonne hält 800. 900. wol 1000. Heringe: Laß die Tonne verkaufft werden zum genauesten um 14. Flor. Machen 11760000. fl. Seynd 117. Tonnen Goldes / und 60000. Gülden. Diß sage ich / ist nur in Holland allein / was geschicht in andern Königreichen / Seekanten und Städten.


Die mildreiche Hand und Seegen GOttes erfüllet das Wasser und die Erde / alles dem Menschen zum Besten /der doch offtmal so undanckbar ist.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 485-487.
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