84. Des Blitzes Krafft und Wunder.

[490] Der Blitz ist ein subtiler / durchdringender feuchter Geist / hat grosse Krafft und Würckungen /[490] darüber man sich höchlich muß verwundern. Cardanus im 8. Buch am 43. Cap. von mancherley Dingen / erzehlet /daß in der Insul Lemno unter einem Eichenbaum einsmals 8. Männer (die das Korn abgemehet zur Zeit der Erndte) gesessen / und die Abend-Kost zu sich genommen: Die seynd alle achte zugleich vom Blitz getödtet worden / und haben doch ihre vorige Gestalt behalten: Seynd alle sitzen blieben: Der eine mit der Kanne am Munde / gleich ob er trincke: Der ander das Messer und Brod in der Hand / als wolte er etwas abschneiden: Der dritte mit der Hand in der Schüssel /und so fort an. Plutarchus im 4. Buch seiner Fragstücke schreibet / daß ein Blitz zu Elide geschlagen in des Redners Dorothei Hauß / und unterschiedliche Wunder-Dinge verursachet. 1. Hats den Wein aus einem Fasse gantz verzehret und weggenommen / und dennoch das Faß nicht verletzet. 2. Einem Menschen /der gelegen und geschlaffen / nichts versehret / noch am Leibe noch an den Kleidern / sondern das Geld /welches er im Beutel bey sich gehabt / geschmeltzet. 3. Gleicher gestalt etliche silberne Büchsen / welche in höltzernen Lädichen verwahret gewesen / geschmoltzen / und doch das Lädichen nicht angerühret. Eben dasselbe bezeuget auch Seneca im 1. Buch der natürlichen Fragen: Thut diß noch hinzu / daß der Blitz offtmahls das eiserne Schwerdt oder Messer in der Scheide schmeltze / die Scheide unverletzet. Man hat auch befunden / daß der Blitz alle Knochen im Menschen zerschmettere / das Marck darinnen verzehre / und doch der Haut / dem Fleische / und andern Gliedmassen nicht den geringsten Schaden zufüge.


[491] Nachgeben richtet mehr aus / denn mit dem Kopff hindurch wollen. Was man nicht ergründen kan / das nehme man mit Verwunderung an.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 490-492.
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