13. Von dem grossen Glück des [21] Polycratis.

Zu Samo waren drey Brüder von fürnehmen Geschlechte / Polycrates, Pantagnotus und Syloson. Der Aelteste unter diesen / Polycrates, auf daß er allein herrschen möchte zu Samo, tödtete seinen jüngsten Bruder den Pantagnotum, den andern Sylosontem vertrieb er ins Elend. Es gelung aber dem Polycrati alles so wohl / daß er nicht allein ein Herr ward über Samo, sondern über alle umliegende Städte. Alles gieng ihm glücklich fort / was er thäte / und wo er Krieg hatte / da gewann er allezeit. Er hielt unterdessen grosse Freundschafft mit dem Könige in Egypten / Amasis geheissen: Derselbige / wie er hörete von dem grossen[21] Glück des Polycratis, schrieb er ihm einen Brieff / darinnen er vermeldete / es wäre ihm zwar lieb / daß es ihm / als seinem Freunde / wohl gienge: Hätte aber solch groß Glück sehr im Verdacht / und riethe ihm / er solte das / welches ihm am liebsten wäre / also von sich werffen / daß ers nimmer wieder kriegete / zu dem Ende / daß er das grosse Glück etwas temperirte mit einem Unglück. Polycrates nimmt seinem Pitschier-Ring / worinn ein köstlicher Stein / eines grossen Geldes werth / fähret damit aufs Meer / und wirfft den Ring darein. Was geschicht? Etliche wenige Tage hernach kommen Fischer / die fahen einen grossen Fisch / den verehren sie dem Polycrati: Wie der Fisch wird aufgeschnitten / da findet man den Ring in des Fisches Bauch / und kriegt also Polycrates seinen Ring wieder: Dieses ward dem Amasi verständiget: Der schrieb abermal an den Polycratem, und sagte ihm seine Freundschafft auf. Denn sagte er: Es wäre unmüglich / daß auf ein solch groß Glück nicht endlich würde ein viel grössers Unglück erfolgen / welches dann auch nicht lange hernach geschehen. Denn als Polycrates sich dermaleins fürnahm die Insuln des Jonischen Meers zu bekriegen / da ist er von seiner eigenen Tochter abgemahnet / er solte solches nicht thun / denn sie hätte einen Traum von ihm gehabt / wie daß er wäre in die Lufft gezücket / und von dem Gott Jove gebadet / von der Sonnen aber gesalbet. Polycrates hat seiner Tochter Rath nicht wollen folgen / sondern ist hingezogen. Wie er nach Magnesiam kommen / da haben ihm die Einwohner einen schändlichen Tod angethan / und hernach an ein Creutz gehencket: Also ist seiner Tochter Traum wahr worden / denn / wenn es geregnet / ist er vom Jove[22] gebadet / und wann die Sonne heiß geschienen / daß das Fett aus seinem Leibe Tropfenweise geflossen / so ist er von der Sonnen gesalbet worden.


An dem Polycrate haben wir ein Exempel der Unbeständigkeit des Glücks: Nemlich / daß auf grosses Glück gemeiniglich folget ein grosses Unglück.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 21-23.
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