23. Des grossen [35] Alexandri Leib-Pferd / genannt Bucephalus.

Philonicus aus Thessalia bürtig / hat dem Philippo, König in Macedonien / des grossen Alexandri Vater /ein seltzames Pferd zu kauffe gebracht / dessen Haupt gewesen wie ein Ochse / (daher es Bucephalus genannt) gar böser unbändiger Natur / dafür hat Philonicus ungefehr acht tausend Kronen / oder zwantzig tausend Gülden gefodert. Wie man diß Pferd hat versuchen und bereiten wollen / hat es von keinem[35] Menschen können gehandthieret / vielweniger beritten werden. Dahero der Philippus bewogen / solch Pferd /als ein böses ungezähmtes Thier / abzuschaffen. Wie solches der Alexander gehöret und gesehen / hat er begehret / man möchte es ihm vergönnen / er wolte das Pferd wol zähmen und zwingen. Der Vater / Philippus, hat ihn hierüber hart angeredet / daß er als ein Kind ein so grosses Werck sich unterstünde / welches alte erfahrne Männer nicht hätten verrichten können. Doch wird Alexander endlich seiner Bitte gewähret /da gehet er zum Bucephalo, greifft es beym Zügel /ziehet es herum mit dem Kopffe nach der Sonnen /(denn er vielleicht gemercket / daß das Pferd seinen eignen Schatten nicht leiden könne / sondern sich gleichsam dafür entsetzte:) Redete es auch an mit freundlichen Worten / streichelt es mit der Hand / und lässet mählich seinen Mantel fallen / schwinget sich mit der rechten Hand schnell und gerade auf das Pferd / und hält es fest beym Zügel / ohne schlagen und stossen / biß endlich das Pferd seinen Zorn hat fallen lassen / und zu schnauben und schnarchen aufgehöret / da hat ihm Alexander den Zaum gelassen / und im vollem Lauff zu lauffen vergönnet; Philippus sahe seinem Sohne nach / mit grosser Angst / Furcht und Zittern / als er aber schauete / wie Alexander das Pferd so artig wendete und kehrete / und nun zu ihnen wieder gelauffen kam / auch die umstehenden Leute sich über die massen verwunderten / ist Philippus von grossen Freuden weinend worden / und hat seinen Sohn geküsset / sagende: O hertzlieber Sohn / du magst dir wol ein ander Königreich suchen / denn mein Macedonia ist dir gar zu klein und zu geringe. Auf diesem Pferde hat hernach Alexander allezeit[36] geritten / wie er die Welt unter sich gehabt / wie nun Bucephalus endlich von den Indianern in einer Schlacht ist erstochen und gestorben / hat Alexander zu dessen Gedächtniß eine grosse Stadt erbauen lassen / und dieselbe Bucephalon genennet / auch nach des Alexandri Tode ist einer von seinen Fürsten aus Griechenland mit einem Schiffe über die See gefahren / (auf welches Schiff das Haupt Bucephali ist für ein Zeichen gemahlet gewesen) an den Balthischen Ländern angelanget / und hat allda eine Stadt gebauet. Von welchem Ursprung herkommen sind die Fürsten von Mecklenburg / die dahero noch heutiges Tages in ihrem Wappen führen das Haupt Bucephali, oder Büffelkopffes: Von welchem Bucephalo gleicher Gestalt die Stadt Bützow / Bucephalæa, ihren Nahmen hat.


Mit Gewalt will sichs allezeit nicht thun lassen. Man muß offt Glimpff brauchen / wie Alexander an seinem Bucephalo.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 35-37.
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