29. Alexander ist kranck / und wird von seinem[48] Medico Philippo curiret.

Zu der Zeit / als der grosse Alexander mit dem mächtigen Könige Dario wolte eine Schlacht halten / trug es sich zu / daß Alexander gefährlich / ja tödtlich kranck ward. Nun hatte er einen getreuen / wohlerfahrnen Artz bey sich / den Philippum, dem Alexander viel zu trauen pflegte. Derselbe / wie er sahe die grosse Gefahr / darinnen sein Herr schwebete / ward Raths / das äusserste zu versuchen / damit er ihn nur möchte beym Leben erhalten. Verfertigte derhalben ein Medicament, und brachte solches in einem Becher dem Alexandro, ihn vermahnend / er wolte das getrost austrincken: Wie nun dieser Philippus mit seiner Artzney vor Alexandri Bette stehet / siehe / da kömmt dem Alexandro ein Schreiben von dem Parmenione, (einem[48] geheimen Rathe und ausbündigem Freunde des Alexandri,) dieses Inhalts: Alexander solte sich hüten für des Philippi Artzney / denn er wäre vom Dario mit Gelde dazu gekaufft / daß er ihm mit Gifft vergeben solte. Diesen Brieff laß Alexander, und hielt ihn so lange bey sich unter dem Bette / biß daß es Zeit war die Artzney zu trincken. Da nahm er mit seiner einen Hand den Becher von dem Philippo, und mit der andern Hand gab er ihm des Parmenionis Schreiben / und satzte zur Stund den Becher an den Mund /und tranck die Artzney aus. Unterdessen laß Philippus den Brieff. Das war ein Wunder anzusehen / wie der eine (Alexander) im Trincken den Philippum anschauete / nicht mit zornigen Augen / oder als einer /der sich fürchtete / sondern mit frischen behertzten Geberden / sich verlassend und trauend auf seinen Medicum: Und aber wie der andere (Philippus) die Hände gen Himmel schlug / sich beklagend über die Falschheit des Parmenionis; Kürtzlich davon zu reden: Als das Medicament anfieng zu wircken / da fiel Alexander in eine Ohnmacht / daß die Umstehenden auch nicht anders meyneten / er würde sterben. Aber die Natur überwand / und ward Alexander durch Krafft und Tugend der Artzney / und durch seines treuen Medici Hülffe / innerhalb wenig Tagen wiederum gesund. Zog hierauf dem Dario entgegen / welcher bey sich hatte sechsmal hundert tausend Mann /und überwand denselben.


Ein getreuer und frommer Medicus ist Goldes werth. Wohl dem Patienten / der einen solchen überkömmet.

Verläumder finden sich in allen Ständen / aber man muß nicht bald gläuben / wann dieser oder jener saget /vornemlich / wenn man eines Menschen Hertz und Gemüth selbst weiß und kennet.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 48-49.
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