31. [50] Milo und Titormus, zween der stärckesten Männer.

Milo Crotoniates ist ein starcker Mann gewesen / der seines gleichen zu seiner Zeit wenig gehabt. Wann er ist gestanden mit blossen Füssen auf einem Tische mit Oel bestrichen / hat ihn kein Mensch von der Stelle können abziehen. Er hat einen gantzen Ochsen /ohne Odemholen / über 125. Schritt tragen / und ihm hernach mit einer Faust zu todt schlagen können /auch denselben gantz in einem Tage aufgefressen. Er band um sein Haupt eine dicke Seene oder Strick /und hielt den Odem steiff ein / biß daß die Adern des Haupts voll Geblüts wurden / und aufschwollen / also zerriß er den Strick ohne Zuthun der Hände. Er streckete seine platte Hand aus / und hielte die Finger so fest zusammen / daß ihm kein Mensch den kleinesten Finger von den andern abbringen konte. Mit diesem Milone hat auf eine Zeit gestritten ein Küh-Hirt / Titormus genannt / also und dergestalt: Titormus hat einen grossen sehr schweren Stein mit seinen beyden Händen erstlich an sich gezogen / und hernach wieder hingeleget. Solches hat er zwey / dreymal gethan. Darnach hat er denselben aufgehoben biß zu den Knien. Endlich hat er ihn auf die Schulter genommen / und eine halbe Meile getragen: Welchen Stein der Milo nicht hat regen / noch von der Stätte bringen können. Darauf ist er / der Titormus zu seiner Heerde gegangen / und hat den grössesten und stärckesten Stier bey einem Fuß ergriffen / so fest / daß / ob er schon hat gerne lauffen wollen / er sich doch nicht hat regen können. Wie dieses Milo gesehen / hat er laut geruffen: [51] O Jupiter! Hastu uns irgend einen andern Herculem zugesandt? Milo aber / wie er alt worden /hat wollen einen grossen Eichen-Baum voneinander reissen; Ist aber / weil ihm die vorige Stärcke und Kräffte vergangen / mit den Händen in der Spalte stecken blieben / und von den Wölffen aufgefressen worden.


Es ist keiner so vollkommen / er findet seinen Meister. Die besten Schwimmer ersauffen am ersten. Die Stärcksten werden am meisten erschlagen.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 50-52.
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