39. Tyranney des [63] Astyagis: Des Cyri Geburt und Auferziehung.

Es ist ein König in Media gewesen / mit Nahmen / Astyages: Der hat eine Tochter gehabt / Mandane geheissen / von welcher ihm einmal träumete / daß aus ihrem Bauche wüchse ein Weinstock / der sich ausbreitete über gantz Asiam. Daher er sich befürchtet /es würde dermaleins von seiner Tochter einer gebohren werden / der über Asiam würde herrschen und regieren; Hat derhalben seiner Tochter einen schlechten Mann zur Ehe gegeben. Und wie sie schwanger worden / und einen Sohn gebohren / hat er das Kind zu sich genommen / selbiges seinem getreuen Diener dem Harpago übergeben / und befohlen / solches zu tödten. Harpagus hat sich zwar gegen dem Astyagem nicht anders vernehmen und mercken lassen / als wolte er solches gehorsamlich ins Werck stellen: Hat aber selber das Kind nicht getödtet / sondern es seinem Küh-Hirten zugestellet / und demselben anbefohlen / solches umzubringen. Wie der Küh-Hirte mit dem Kinde zu Hause kommt / da hat eben desselben Küh-Hirten Frau ein junges Kind gebohren; Uberredet derhalben ihren Mann / er solte das ihrige Kind nehmen / und ihr das fremde wieder geben / das wolte sie für ihres auferziehen. Welches dann auch geschehen / und dieses Kind hernach Cyrus genannt worden. Cyrus wuchs auf / und meynet nicht anders / er wäre des Küh-Hirten Sohn. Nun trug es sich[63] zu / daß Cyrus mit andern Bauers-Kindern im Dorffe eines spielte / und ward von demselben zum König erwehlet im Spielen. Da findet sich einer von den Knaben /der des Cyri, als des Königs Gebot nicht vollbringen wolte / den hat er durch die andern sehr schlagen lassen. Der geschlagene Knabe klaget solches seinem Vater: Der Vater thut so viel / daß er für den König Astyagem kommt / der lässet dem Küh-Hirten mit seinem Sohn Cyro zu sich fordern; Da giebet Astyages Achtung auf dem Knaben Cyri Geberden und Gestalt (denn er ihm und seiner Tochter sehr gleich sahe) und gewinnet alsbald einen Argwohn / fragte den Küh-Hirten scharff / wo er diesen Knaben bekommen? Derselbe leugnete es nicht / sondern bekennet / er sey ihm von Harpago überantwortet: Also erfähret Astyages, daß Cyrus sein Tochter-Kind sey: Und damit er seiner loß würde / sendet er ihn in Persien nach seinen Eltern. Allda ist Cyrus so lange geblieben / biß er erwachsen. Da hat er durch Hülffe des Harpagi ein grosses Krieges-Heer zusammen gebracht / und dem Astyagem bekrieget / überwunden / und ihm sein Königreich genommen. Dieser ist der grosse König Cyrus, der Persen und Meder Monarcha: Die Ursach aber / warum Harpagus dem Astyagi untreu worden /ist diese: Dieweil Astyages des Harpagi einigen Sohn einen Knaben / tödten / und in Stücken hauen lassen solchen gekochet / dem Harpago unwissend zu essen gegeben; Und nach geschehener Mahlzeit / ihm den Kopff / die Hände und Füsse in einem Korbe lassen fürsetzen / darum daß er den Cyrum nicht hatte getödtet / sondern ihn dem Küh-Hirten überantwortet: Solche greuliche That hat Harpagus gerochen / indem[64] er den Cyrum wider den Astyagem aufgeredet / und ihm auch des Astyagis Kriegs-Heer in die Hände gegeben.


Man soll nicht alle Träume verachten / es finden sich natürliche / es finden sich offt auch göttliche Träume. Man siehet alsbald in der Jugend / was aus einem werden will. Unrechtmäßigen Befehl der Obrigkeit soll man nicht vollbringen. Mordthaten soll man nicht ungerochen lassen.

Wen GOtt erhalten und erheben will / den kan kein Mensch verderben / wie klug ers auch angreiffe.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 63-65.
Lizenz:
Kategorien: