41. Vom [66] Sesostri und dessen Sohn Pherone.

Sesostris ist ein König in Egypten gewesen / derselbe wie er mit andern Völckern Kriege führete hat seinen Bruder in Egypten zu einem Stadthalter[66] gesetzet. Wie er nun nach verrichteten Sachen wiederum in Egypten kommen / und mit seiner Gemahlin und Söhnen in einen grossen Saal gesessen / da hat sein Bruder ein groß Feuer rund um den Saal gemachet / und den Sesostrem mit allen den Seinigen verbrennen wollen. Wie nun Sesostris sich in äusserster Leibes-Gefahr gesehen / da haben zween von seinen Söhnen gesagt: Sie wolten sich lang ausgestreckt ins Feuer legen / so solte der Vater / die Mutter und die andern Kinder über ihnen / als über einer Brücke / hingehen und ihr Leben retten: Solches ist auch geschehen / und also Sesostris mit den Seinigen errettet worden. Dieser Sesostris hatte einen Sohn / Pheron genannt / der ward König nach ihme. Es betraff ihn aber das Unglück /daß er gantz blind ward / und eilff Jahr blind bliebe. Im eilfften Jahr ward ihm vom Oraculo angedeutet /er solte wieder sehend werden / wann er sich wüsche in dem Wasser einer Frauen / welche zu keinem andern als ihrem eigenen Manne kommen wäre. Pheron hat angefangen sich zu waschen mit seiner eigenen Gemahlin Wasser / aber er ist blind blieben nach wie vor. Darnach hat er auch anderer Frauen Wasser gebraucht in grosser Menge / biß endlich eine kommen /durch welcher Wasser er ist sehend worden. Darauf hat er seine Gemahlin samt den andern Frauen / die er nicht richtig befunden / bringen lassen in die Stadt Erytrobulum und die Stadt mit Feuer angestecket /und alle Frauen verbrennet. Die eine aber / durch welche ihm geholffen ward, hat er wiederum zur Gemahlin genommen.


Wercke 1. wie unter Brüdern auch grosse Untreu regiere / Fratum quoque gratia rara. 2. Lerne / daß Zucht und Ehre offt wenig gewinnen wird bey denen /die sich am allermeisten der Keuschheit rühmen.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 66-67.
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