45. [73] Syloson verehrete Dario einen Purpur-Mantel.

Für diesem ist gemeldet / daß der glückselige Polycrates einen Bruder gehabt / mit Nahmen Syloson, welchen er ins Elend verjagt / auf daß er allein könte herrschen zu Samus. Dieser Syloson ist einmal auf den Marckte zu Memphis spatzieren gangen / und hat an oder um gehabt einen rothen Purpur-Mantel. Da hat Darius, damals noch ein Trabant und Diener des Persischen Königs Cambyses, sich zum Sylosonti verfüget / grosse Lust zu dem rothen Mantel bekommen / und den Sylosontem gefraget / ob er den Mantel verkauffen wolte / und wie theuer? Syloson hat geantwortet: Lieber Gast / dieser Mantel ist mir zwar nicht feil / wo du ihn aber tragen und nimmer von dir kommen lassen wilst / so will ich ihn dir verehren: Darius hat frölich den Mantel genommen. Hernacher aber /als Darius König worden / und Syloson von seinem Bruder Polycrate ins Elend verjagt gewesen / ist Syloson hingereiset zum Dario, und hat auf die Schwelle des Königlichen Hauses sich nieder gesetzet /[73] und dem Könige ansagen lassen: Es wäre allda ein Mann aus Gräcia / der hätte sich wohl verdient gemacht um den König. Solches ward dem Könige angemeldet /der sprach mit Verwunderung: Wer ist der unter den Griechen / der den mächtigen Monarchen Dario solt haben Freundschafft und Wohlthaten bezeiget? Ließ darauf den Sylosontem zu sich führen: Der erinnerte und erzehlete ihm die geschehene Sache mit dem rothen Mantel. Da sprach Darius: O du redlicher Mann / hastu mir / da ich noch nicht König war / eine so liebe / ob wol schlechte Sache / verehret / was soltestu jetzt wol thun / nun ich König bin? Ich will dir wiederum Gold und Silber schencken / so viel du dessen begehrest. Syloson antwortete: O König / Gold oder Silber begehr ich nicht von dir / sondern gib mir nur wieder meine väterliche Stadt Samum, daraus ich von meinem Bruder Polycrate vertrieben bin. Alsobald hat Darius ein Kriegs-Heer hingesandt / und die Stadt Samum dem Sylosonti wieder erobert.


Wohlthaten an redlichen Leuten erwiesen / werden nicht vergessen: Danckbarkeit ist eine schöne Tugend /zieret das Alter und die Jugend.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 73-74.
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