59. Mancherley Art die Todten zu begraben.

[96] Auf vielerley Art haben die Lebendigen ihrer Verstorbenen Freunde Leichen bestattet. Erstlich ist an etlichen Orten der Gebrauch bey den Alten gewesen / und noch jetzund / daß man die Todten in einen Sarck leget / und in die Erde verscharret: Die sie denn verwesen / und wieder zur Erden werden.

Fürs 2. sind etliche gewesen / die ihre Todten in Feuer geworffen / und zu Pulver und Asche verbrenne. Bey den Römern hat diesen Gebrauch erstlich aufgebracht Cornelius Sylla, welcher / wie er seines Feindes des Caji Marii Gebeine aus der Erden wieder ausgraben lassen / und sich befürchtet / es möchte ihm eben dasselbe von andern auch widerfahren / angeordnet hat, man solte die Todten verbrennen: Nun ist es mit diesem[96] Brennen also zugegangen; Man trug viel Holtz auf einen Hauffen zusammen / (welchen Hauffen sie Rogum oder Pyram nenneten) und legten herum Stöcke von Cypressen-Holtz / den Stanck und garstigen Geruch zu vertreiben. Auf diesen Rogum legten sie den Todten aufn Rücken; Eröffneten ihm die Augen / daß er gen Himmel sahe / thaten ihm in den Mund einen Pfennig / zum Fahr-Geld dem Charonti, und zündeten alsdenn das Holtz an. Zur Stund wurffen sie auch in das Feuer des Verstorbenen liebste Sachen / als Kleider / Schwerdter / Schilde / und dergleichen: Dabeneben auch sehr viel Blumen / und wohlriechende Salben und Gewürtz. Acht Tage nach dem Verbrennen kamen des Todten nächste Freunde /Mutter / Schwester / Frau und andere / nahmen und sammelten fleißig zusammen alle Knochen des verbrannten Cörpers / giengen nach Hause / wuschen die Knochen mit Wein und Milch / und thäten sie in ein Gefäß / Urna genannt / setzten es hin / und verwahrtens mit grosser Devotion.

In Indien / wann ein Mann gestorben / und ins Feuer geworffen / versammleten sich bey dem Feuer des Verstorbenen Hauß-Frauen allzumal / (denn an dem Ort hat ein jeglicher Mann so viel Frauen / als er selber will / und ernehren kan.) Welche denn unter diesen Frauen dem Verstorbenen am liebsten gewesen / die stürtzte sich lebendig ins Feuer / und zog sich solches zu hohen Ehren. Die übergebliebenen aber wurden deshalben ihr Lebenlang verachtet.

Die dritte Art der Begräbniß ist bey den Egyptiern gebräuchlich gewesen. Dieselben salbeten die Cörper der Verstorbenen mit Balsam und andern köstlichen[97] Oelen und Gewürtzen / wickelten dieselbe in herrliche mit Balsam beschmierete Tücher / und legten sie so in die Sonne / daß der Balsam und das Gewürtz den gantzen Leib durcharbeitete / und durchzog. Also blieben die Cörper unversehret / ohne Verfaulung etliche viel hundert Jahr. Und solche balsamirte Cörper wurden genennet Mumia.

Zum letzten und vierdten haben die jetzigen Americaner eine sonderliche Art die Todten zu begraben. Nemlich / sie hauen sie zu Stücken / legen sie auf die Rosten / bratens / und essen einander selber auf / oder verkauffens andern Leuten / und machen sich also lustig dabey. Denn sie meynen / sie können ihre Eltern und guten Freunde an keinen bessern Ort verwahren und vergraben / als in ihrem eigenen Bauche.


Ein jedes Land hat seinen Gebrauch.

Kein Volck ist nie so barbarisch / daß nicht seine Todten solte ehrlich begraben. Mercke aber hiebey den Mißbrauch und Aberglauben der Heyden und Un-Christen.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 96-98.
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