97. Vom wandelbaren [167] Polypo und Proteo.

Unter den Fischen wird einer gefunden / Polypus genannt / das ist Vielfuß: Derselbe kan sich verwandeln in allerley Farben / insonderheit wann ihm die Fischer nachstellen / so hänget er sich fest an die Steinklippen / und was die Steinklippen für eine Farbe haben / dieselbe Farbe nimmt der Polypus auch an / damit er von den Fischern nicht erkennet noch von den Klippen unterschieden werde. Von diesem Fisch hat seinen Ursprung bekommen das Sprichwort: Polypuses, oder Polypo mutabilior, welches man gebraucht von einem[167] Menschen / der sich in aller Leute Weise schicken /und den Mantel nach dem Winde drehen kan. Uber das ist zu den Zeiten des Tojanischen Krieges ein König gewesen / mit Nahmen Proteus, derselbe /wann er nicht hat wollen von den Leuten erkannt werden / hat er durch Zauberey sich selbst verwandelt /bißweilen in einen Löwen / bißweilen in einen Hund in Wasser / Feuer / Bäume und dergleichen. Wer nun diß nicht gewust / der hat ihn nicht können unterscheiden von diesen natürlichen Dingen. Von dem Proteo ist herkommen das Sprichwort: Proteo mutabilior, wird verstanden von einem verschmitzten Menschen / den man nirgends fassen kan.


Polypos und Proteos giebt es noch in allen Ständen.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 167-168.
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