41. Sinnreiches Liebes-Gemählde.

[697] Wann kluge Leute die hertzliche Liebe der Christen gegen ihren GOTT und Nechsten fürbilden wollen /pflegten sie zu mahlen einen fruchtbahren Baum /welcher an statt der andern Früchte viel Hertzlein trägt / und unten aus der Erden aus einer schönen lichten Wolcken herfür wächst / davon die zeitigen Früchte abfallen. Hiemit haben sie die fruchtbringende Liebe gar artig angedeutet. Denn 1. daß die Christliche Liebe wird vorgestellet / als entspriesse sie aus einer lichten Wolcken: Damit wird angedeutet / daß die Liebe von GOtt komme / und die die Liebe haben / von GOtt gebohren seyn / denn GOtt ist[697] die Liebe. Vors 2. wird sie abgebildet / als ein fruchtbahrer Baum. Denn die Liebe ist kein fauler / kahler und unfruchtbahrer Baum: Sondern ein guter und fruchtbahrer; Und wachsen darauff die Hoffnung / Gedult / die Demuth und andere Tugenden mehr. Vors 3. auff dem Liebe-Baum wachsen an statt der Früchte Hertzen. Denn soll die Liebe rechtschaffen seyn / muß sie von Hertzen gehen / und zwar von gantzem Hertzen / und von gantzer Seelen.


1. Es gilt hie prüfen.

2. Christen müssen keine gemahlte / sondern nach diesem Gemählde eine hertzliche und von GOTT gewürckte Liebe haben.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 697-698.
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