43. Das wahre Christenthum in einem Sinn-Bilde vorgestellet.

[699] Die lieben Alten haben unter andern auch das wahre Christenthum in folgendes schönes Gemählde abbilden wollen. Sie haben gemahlet ein Hertz / aus welchem ein schöner fruchtbarer Baum herfür gewachsen; An demselbigen hat auch gehangen ein Schiff-Ancker / ein Buch und ein Seckel oder Beutel / mit der Uberschrifft:


Fide, Pietate, Spe & Beneficio.


Durch das Hertz / aus welchem ein schöner fruchtbahrer Baum herfür wächst / wird verstanden der Glaube / der im Hertzen nach dem erleuchteten Verstand und Willen ruhet: Welcher auff GOttes Gnade und das theure Verdienst Christi allein bauet und trauet / auch in guten Wercken sich herfür thut / gleich einem fruchtbaren Baum am Wasser gepflantzet / der seine Früchte bringe zu rechter Zeit. Durch den am Hertzen hangenden Ancker haben sie angedeutet die Hoffnung; Denn wie ein Schiffmann in Meers-Gefahr den Ancker ins Meer wirfft / und also das Schiff anklammert / daß es nicht Schaden thun mag:[699] Also / wann die Creutz-Fluthen daher rauschen / ist ein Christ deßwegen nicht kleinmüthig / sondern hält an der angebothenen Hoffnung / welche er hat / als einen sichern und festen Ancker der Seelen / wann auch eine Plage an ihn stösset / so fürchtet sich der Gerechte nicht. Durch das am Hertzen hangende Buch verstehen sie nicht des Aristotelis Ethische Bücher / auch nicht des Lycurgi, Solonis und anderer Gesetz-Geber Ordnungen: Denn daraus nicht das Christenthum zu lernen ist: Sondern die Heilige Schrifft / denn darinn finden wir das ewige Leben. Durch den am Hertzen hangenden Beutel wolten sie erinnern / nicht / daß man solte gesinnet seyn / wie Judas der Verräther /der den Beutel hatte: Sondern daß man ihn auffthue und den Armen mittheile / den Hungerigen speise /den Durstigen träncke / etc.


1. Christen müssen nicht allein mit dem Munde sich ihres Christenthums rühmen / sondern es im Wercke erweisen.

2. Laß deine Gottesfurcht nicht Heucheley seyn / und diene GOtt nicht mit falschen Hertzen.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 699-700.
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