55. Roberti Ehe-Gemahl sauget ihrem Herrn das Gifft aus der Wunde.

[714] Als Robertus König in Engeland im Kriege wider die ungläubigen Syrer mit einem vergiffteten Pfeil getroffen ward / kunte ihm niemand die Wunde heilen / es wäre dann Sach / daß iemand ihm das Gifft aus der Wunde mit dem Munde heraus saugete. Weil nun der König solches niemand anmuthen wolte (sintemahl er wuste / daß derselbe / der solches thäte / von dem Gifft bald des Todes seyn müste) unterfieng sich dessen seine Gemahlin / die Königin / die sog ihm / als er schlieff das Gifft aus der Wunde / mit Gefahr ihres Lebens / und wolte sich also lieber ihres Lebens / als ihres Gemahls des Königes verzeihen. Dieweil sie aber eine solche Treue an ihrem Könige und Herrn bewiese / schadet ihr solches ausgesogenes Gifft nicht. So wohl ließ ihm GOtt ihre Eheliche Treu / an ihrem Ehe-Gemahl erwiesen / gefallen.


1. Wohl dem / der ein tugendsam Weib hat / des lebet er noch eins so lange.

2. GOtt kan die Seinigen wunderbarlich erretten.

3. GOtt kan auch vom Tode aushelffen.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 714.
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