65. Gedicht von der Sonnen und dem Winde.

[724] Die Alten haben folgendes von der Sonnen und dem Winde gedichtet. Die Sonne und der Wind haben einmal eine Wettung angestellt / wer unter beyden der allerstärckste wäre; Dann ein jegliches wolte der Stärckste seyn. Sie wurden aber eins / daß der solte für den Stärcksten gehalten werden / der einen Wanders-Mann am ersten könte dahin bringen / daß er den Mantel von sich ablegen müste. Darauff hebt der Wind mit aller Gewalt an zu wehen / und versuchtet alle seine Kräffte / aber ie stärcker er[724] wehet / je mehr sich der Wandersmann in den Mantel verwickelt / und will ihm denselbigen nicht nehmen lassen. Nach diesem grossen Winde hebt die Sonne an gar heiß zu scheinen / und wie sie nun solches lange treibet /siehe da wird der Wandersmann so müde und matt /daß er sich nach dem Schatten sehnet / und als er einen grünen Baum antrifft / wirfft er den Mantel von sich / und leget sich nieder in den Schatten. Also behielt die Sonne den Platz mit ihrem leissen und heissen Anscheinen: Der Wind aber mit seinen starcken Sausen und Brausen konte nichts ausrichten.


1. Durch Wollust und gute Tage wird mancher ehe in Sünden gestürtzet / als wann er im Unglück ist.

2. Mit guten Worten schaffet man mehr / als wann man mit dem Kopff hindurch will.

3. Im Unglück halt fest am Glauben / Liebe und Hoffnung.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 724-725.
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