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[725] Man pflegt von Alters her auff den 1. May oder am Tage Philippi und Jacobi grüne Mayen in dem Walde abzuhauen / und dieselben für die Thüren zu stecken. Davon hat man unterschiedliche Meynungen. Etliche sagen / es soll daher kommen seyn / dieweil St. Walburgis / welche mit den bey den Aposteln Phillipo und Jacobo / aus einem geistreichen Eyfer / das Wort GOttes zu hören / und daß sie ihnen Handreichung thun möchte / in dem Lande herum gezogen. Nachdem sie drüber in Verdacht kommen / als ob sie wider Ehr und Keuschheit gehandelt / habe sie einen dürren Stab / dessen sie sich auff der Reiß bedienet / in die Erde gestecket / und darbey gesaget: So wahr ich meine Ehr und Keuschheit rein und unbefleckt behalten / so wahr wird dieser Stecken ein Zeichen von sich geben / und anfangen zu grünen. Von Stund an sey der Stecken ausgeschlagen / unn habe gar schön und lieblich gegrünet. Daher sey der Gebrauch entstanden / daß man an diesem Tage grüne Mayen pflegt auffzustecken. Andere sagen / nachdem der Apostel Philippus zu Hierapolis das Evangelium geprediget / da haben die ungläubigen Heyden das Hauß da er eingekehret / mit grünen Reisern bezeichnet / wen sie willens gewesen / ihn des Morgens zu überfallen und umzubringen. Aber durch GOttes sonderbahre Schickung seyn die Nacht über alle Häuser in der gantzen Stadt mit dergleichen grünen Zweigen besteckt gefunden worden / daß sie also das Hauß nicht[726] mehr finden / und von den andern unterscheiden können. Das lassen wir dahin gestellet seyn. Es ist aber gläubiger /daß diese Gewohnheit daher komme / weil heute der erste Tag des Mayen anbricht / von welchem der Poet saget:
Omnia nunc rident, nunc formosissimus / annus.
Itzt ist die schönste Zeit /
Da alles sich erfreut.
1. Es ist viel vor Alters auffkommen / dessen eigentliche Ursachen man nicht wissen kan.
2. Man behalte den rechten Gebrauch / und schaffe ab den Mißbrauch.
3. Man setzte ins Hertze die Tugend-Mäyen / und grüne von Früchten des Geistes.