20. Von eines Blinden Listigkeit.

[782] Zu Agrigent in Sicilien war ein reicher / listiger / blinder Mann / der vergrub fünffhundert Gülden in seinen Garten. Da er aber nach etzlicher Zeit darnach griff /und nichts fand / warff er einen Argwohn auf seinen armen nechsten Nachbar und Gevatter daß er es hinweg genommen hätte. Derowegen erdachte er diese List / gieng zu ihm und sprach: Ach lieber Nachbar und Gevatter! gebt mir doch einen guten Rath / ich habe fünffhundert Gülden in meinem Garten vergraben / nun hab ich noch fast so viel bekommen / das traue ich im Hause nicht / wils auch im Garten vergraben / rathet mir nun recht / soll ichs zu jenem Gelde legen / oder an einen andern Ort setzen. Jener gedachte / das wird gut / so bekommest du dieses zu dem vorigen. Rieth derowegen / er solte es fein zusammen setzen / so könte ers desto besser wiederum finden. Weil darauf der Blinde ihm den Rath gefallen ließ / und beschloß / auf Morgen solches zu thun /gieng der Nachbar die Nacht hin / und satzte die gestohlene[782] fünffhundert Gülden wieder an den Ort. Als nun der listige Blinde des andern Tages dahin kam /und den Topff mit dem Gelde wieder fand / nahm er selbigen weg / und sprach überlaut; Denn er wuste wol / sein Nachbar würde ihm zusehen: Höre Gesell /der Blinde hat besser zugesehen / als der zwey Augen hat. Ich habe nun mein verlohren Geld wieder / was besser verwahren / als zuvor / und gieng davon.


Geld hat viel Feinde / Füchse muß man mit Füchsen fangen. Sie Ars diluditur Arte.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 782-783.
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