23. [786] Lysimachus verkaufft mit einem Trunck Wasser seine Freyheit.

Plutarchus gedencket unter andern von dem König Lysimacho, daß er auf eine Zeit von seinen Feinden gantz umschlossen / und fast hart beängstiget gewesen. Wie er nun in währender feindlicher Belägerung sehr grossen Durst litte / und nicht anders vermeynete / er müste vor Durst verschmachten / habe er einen Stillstand gebeten und erbeten / auch darauf / um einen kalten Trunck Wasser beydes sich / und sein Volck / und seine Freyheit und alles / was er hatte /den Feinden geboten und übergeben. Die Feinde nicht faul / bringen ihnen vor so einen geringen Preiß diese aufgetragene und angebothene Schätze zuwege / bringen dem durstigen Lysimacho einen kühlen Trunck /welcher denselbigen mit grosser Begierde an den Mund gesetzet und ausgetruncken hat. Wie er nun dadurch wieder zu Kräfften / und durch seinen Schaden klüger geworden / hat er von Hertzen angefangen zu seufftzen und folgende Klag-Worte dabey ausgesprochen: Ach! ach! wie so eine kurtze Lust hat mich aus einem Herrn zum Recht / aus einem König zum Gefangenen gemacht.


Das gilt uns Christen: wie offt tragen wir feil den Himmel / und verschertzen die himmlischen Güter durch einen schnöden und eitelen Wollust-Trunck.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 786.
Lizenz:
Kategorien: