28. Einige denckwürdige Grabschrifften.

[790] Dionysius Cassianus bezeuget / daß er auf eines vernehmen Römischen Raths-Herrn / der genannt Similus, seinem Grabe gesehen / und gelesen habe die folgende Grabschrifft: Hie liegt Similus, dessen Alter sich zwar erstrecket auf viel Jahr / aber doch nur[790] sieben gelebet hat. Aber wie ist das zu verstehen / und wie soll es ausgeleget werden / daß dieser bey Erreichung eines so hohen Alters vorgebe: Er habe nur sieben Jahr gelebet? Der Dionysius Cassianus beantwortet diese Frage / und saget / daß Similus mit vielen Sachen und Staats-Geschäfften umgeben / nicht ihm selbsten / sondern andern gelebet habe: Aber nachgehends hätte er sich der Dinge abgethan / und sich aufs Land auf seinen Meyerhof zu wohnen begeben / da er sieben Jahr in guter Ruhe zugebracht. Darum er denn gesaget / daß sein gantzes Leben beruhe in den sieben in Stille verbrachten Jahren.

Plutarchus erzehlet / es sey an des streitbaren Königs Alexandri Grab ein Emblema gesetzet worden: Asiam & Europam devicit. Gantz Asiam und Europam hat er ihm unterthänig gemacht. Mit dieser Uberschrifft: Alexandri Victoria. Des grossen Alexandri Sieg und Triumph.

Die Rabbinen oder Hebräischen Lehrer zeugen von dem Grabe des Israelitischen Fürsten Josuä / daß darauf pro Emblemate gestanden sey das Bildniß der Sonnen / und darüber diese Worte: Sol contra Gabionem ne movearis. Sonne stehe still zu Gibeon. Zum Gedächtniß des herrlichen Wunderwercks / da die Sonne und der Mond stille gestanden / einen gantzen Tag / biß sich das Volck rächete.

König Cyrus hat befohlen / man solte ihm nach seinem Tode auf sein Grab schreiben: Hic jacet Persarum debellator. Hier lieget der Perser Bezwinger.


Ehren-Gedächtnisse / denn die es verdienet haben /aufzurichten ist unverboten. Aber rechtschaffener Christen wahre Grabschrifft solte seyn: Hie lieget der / durch des Lamms / Blut / über[791] Tod / Teuffel / Sünde / Welt und Hölle gesieget hat. Aber solte man vielen nach ihrem Lebens-Wandel die Grabschrifft setzen / würden sie des säuischen und unflätigen Sardanapali Grabschrifft erlangen /dem auf sein Grab gesetzet dieser Epicurische Spruch:


Ede, bibe, lude, post mortem nulla voluptas.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 790-792.
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