37. Fabel vom zornigen Jupiter / wie er von der Göttin [800] Venus mit einer Kette auf die Erde gezogen.

Bey dem alten Griechischen Poeten Homero lieset man vom Jupiter und der Venus eine solche Fabel. Der Heyden erdichteter Gott / der Jupiter / war einmahls sehr ergrimmet über die grosse Boßheit der Menschen auf Erden / so daß er im Zorn oben in dem Himmel blieb / und nicht wolte zu den Menschen auf Erden kommen. Derowegen die andern Götter / wie sie sahen den grossen Jammer und das grosse Elend /darein die Menschen deßwegen geriethen / aus Mitleiden bewogen / zu dem Gott Jupiter sich verfügeten /und hielten mit inständiger Bitte an / er wolle sich der Noth derer / die auf Erden wohneten / annehmen / und sich zu ihnen hinunter machen. Der Jupiter willigte in ihre Bitte / doch mit[800] dem Bedinge / wann sie ihn könten mit einer güldenen Ketten vom Himmel zur Erden ziehen. Diß liessen sie sich alle belieben / und fiengen an alle mit aller Gewalt ihn zur Erden zu ziehen: Aber es war alles umsonst und vergebens. Endlich ist auch hinbey getreten die Göttin Venus, die hat dermassen starck angezogen / daß der Jupiter hat müssen ihr nach der Erden folgen / der auch befohlen / man solte nach diesem die Venus nicht ein unvermögendes und schwaches Weib / sondern eine starcke Heldin und Göttin nennen.


Die Poetischen Schriften seyn voller Gedichte nach dem Ausspruch des Horatii:


Pictoribus atque Poëtis,

Quidilbet audendi semper fuit æqua potestas.


Doch stecken zuweilen grosse Weißheiten darunter. Die Liebe hat GOTT vom Himmel gebracht / daß er sich der in Sünden verlassenen Menschen erbarmet hat. Mit dem andächtigen und gläubigen Gebet kan man GOTT und seinen Segen vom Himmel bringen.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 800-801.
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