38. [801] Zeuxis mahlet die schöne Helenam.

Von dem fürtrefflichen und weitberühmten Mahler /dem Zeuxe, schreibet der Römische Redner Cicero, wie er mit seinem kunstreichen Pinset wollen abmahlen die alle Weiber in Griechenland an Schönheit übertreffende Helenam, so habe er alle schöne Jungfrauen aus denen Oerten zusammen gefordert / und aus allen genommen ihrer fünffe / die er achtete / daß sie es allen andern an Schön- und Höfflichkeit zuvor thäten. Diß that er zu dem Ende / auf daß er von diesen fünffen nehme ein Formular und Muster / nach welchem er möchte hernach die schönste Helenam abbilden. Derowegen so hat er von der einen nachgebildet die schöne Goldgelbe Haar / von der[801] andern die klaren hellgläntzenden Augen / als die Liebe und des Hertzens Dollmetscherinnen. Von der dritten die Zierde der Brüste / von der vierdten der Lippen und der Wangen natürlich-schöne Röthe. Von der fünfften hat er geborget die hocherhabene weite Stirn: Aus denen zusammen er / nach seiner Mahler-Kunst gleich die Quintam Essentiam der Schönheit herausgezogen hat / in solcher Vollkommenheit / daß aller die sie mit ihren Augen angesehen / sich darüber haben müssen verwundern.


Schönheit ist eine grosse Gabe GOttes / doch soll man nicht damit prangen. Gottesfurcht ist die beste GOtt- wolgefällige Schönheit.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 801-802.
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