61. Von [825] Sesostris Geburt / Auferziehung /Thaten und Tode.

[825] Sesostres ist gewesen ein König in Egypten (dessen auch gedacht in der 41. Historie und 68. der 1. Centuriæ Cent. VII. H. 60.) an seinem Geburts-Tage hat sein Vatter alle Knäblein im gantzen Reich / welche eben an dem Tag auch gebohren waren / versammlen /und auf gleiche Weise auferziehen lassen / damit sie nachmahls des Sesostris treue Gesellen würden / und weil sie von Jugend auf mit stetiger Arbeit geübet worden / seyn es alle tapffere und geschickte Männer geworden. Bey Lebenszeit seines Vatters ward er mit seinen Gesellen mit einem Heer in Arabien geschickt /und hat die gantze Landschafft bezwungen / auch / da er noch gar jung / ein Theil Lybien erobert. Nach dem Tod des Vatters / nahm er ihm für / den gantzen Erdboden zu bekriegen. Ehe er die Reise annahm / hat er mit Geschencken alle Egyptier verehret / und derer Gemüther dergestalt gewonnen / daß die Krieges-Leute erbietig waren / Gut und Blut bey ihm aufzusetzen: Die im Lande aber ihm auch treu und hold verblieben. Nachdem er nun im Lande gute Anstellung gemacht / ist er mit einem sehr grossen Krieges-Heer aufgebrochen / hat anfangs gantz Æthiopien unter sein Joch gebracht: Auch ingleichen gantz Asiam / Indiam und Scythiam erobert. In allen überwundenen Landen hat er Triumph-Bogen aufgerichtet / und wann das Volck streitbar gewesen / hat er ein männlich Glied / wann aber nicht / sondern zaghafft gewesen / hat er ein weiblich Glied mahlen lassen / mit dieser Uberschrifft: Dieses Land hat mit seinen Waffen überwunden der König aller Könige / und Herr aller Herren Sesostres. Als er nun neun Jahr mit diesem Zug verbracht hatte / ist er mit grossem Raub wieder in[826] Egypten angekommen / und hat grosse Geschenck unter seine Soldaten ausgetheilet. Er hat auch nach diesem viel herrliche Gebäue aufgerichtet / insonderheit viel Tempel gebauet / darzu er die Gefangene gebrauchet / dahero er an alle Tempel setzen ließ: Niemand von den Einwohnern hat hieran gearbeitet. Nachdem er in die 33. Jahr regieret hatte / ist er vor Alter blind worden / und gestorben / und hat bey männiglichem einen unsterblichen Ruhm hinterlassen.


Eltern thun wohl / daß sie ihre Kinder zur Tugend von Jugend an gewehnen. Freundlichkeit ist eine grosse Zierde grossen Herren / wie ingleichen die Freygebigkeit /und machen sich nen bey allen beliebet / und wird derer nach dem Tod zum besten gedacht.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 825-827.
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